Betrogen statt betreut

TRIER. Die Arbeiterwohlfahrt Trier kommt nicht zur Ruhe: Nun belastet eine Unterschlagungs-Affäre beim Awo-Betreuungsverein den Sozialverband. Ein Mitarbeiter wird verdächtigt, in zwei Fällen mehrere Tausend Euro von anvertrauten Klienten beiseite geschafft zu haben.

Die Vorwürfe sind gravierend, auch wenn die Summe nicht hoch ist. 5000 Euro habe er von den Konten seiner Schützlinge für eigene Zwecke verwendet, bekannte der seit Jahren für den Awo-Betreuungsverein tätige Jurist in einem Schreiben an seinen Arbeitgeber. Danach unternahm er einen Selbsttötungsversuch, der misslang. Offenbar hatten bevorstehende Jahresabschlüsse den Mann zu seiner Kurzschlusshandlung getrieben. Die Betreuungsvereine übernehmen Aufgaben, die der früheren "Vormundschaft" ähneln. Bei Menschen, die krankheits- oder altersbedingt ihre geschäftlichen und rechtlichen Interessen selbst nicht mehr wahrnehmen können, bestellt das zuständige Amtsgericht einen Betreuer.

Stehen keine geeigneten Angehörigen zur Verfügung, wird diese Funktion in der Regel den haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeitern der "Betreuungsvereine" übertragen. Diese Vereine werden meist von freien Trägern und sozialen Organisationen wie Caritas, SKF, Diakonie oder eben Awo unterhalten. Für ihre Arbeit werden öffentliche Zuschüsse gezahlt.

Das Amtsgericht Trier hat unverzüglich reagiert und dem Betroffenen, der sich zurzeit im Krankenhaus befindet, alle Betreuungsfälle entzogen, auch solche, bei denen kein Manipulationsverdacht besteht.

Der Entzug richte sich gegen die Person und nicht gegen den Awo-Betreuungsverein als solchen, erklärte die Präsidentin des Amtsgerichts, Jutta Terner, gegenüber dem Trierischen Volksfreund . Sie gehe davon aus, dass die zuständigen Rechtspfleger alle Fälle des Awo-Mitarbeiters einer Prüfung unterzögen. In allen Betreuungsfällen würden die Abrechnungen ohnehin einmal jährlich "akribisch überprüft".

Für den Betreuungsverein der Arbeiterwohlfahrt könnte sich das Fehlverhalten seines Mitarbeiters als existenzielle Bedrohung erweisen.

Nachdem der Verein 1999 im Strudel der Querelen um die Awo-Geschäftsführung nur knapp an einer Auflösung vorbeigekommen war, hatte es zuletzt eine ruhige Phase gegeben. Nun wolle man um den Erhalt des Vereins kämpfen, sagte der Vorsitzende Klaus Rümmler, "nicht zuletzt, damit unser verbleibender Mitarbeiter Martin Bartelmes seine gute Arbeit fortsetzen kann."

Der Awo-Betreuungsverein habe den der Veruntreuung Verdächtigten inzwischen fristlos entlassen, teilte Rechtsanwalt Norbert Feder mit, der den Verein rechtlich berät. Obwohl man keine Verletzung von Kontrollpflichten erkenne, habe der Vorstand beschlossen, den entstandenen wirtschaftlichen Schaden unverzüglich von sich aus zu regulieren.

"Wir wollen den Flurschaden begrenzen", erklärte Feder. Der Vorfall sei "sehr bedauerlich" und treffe den Awo-Betreuungsverein "in der Aufbauphase".

Unterdessen will sich auch die Trierer Staatsanwaltschaft des Falles annehmen. Man werde den Verdacht prüfen, "sobald die Akten vom Amtsgericht zur Verfügung stehen", kündigte der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Roos an.

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