Bibbern bis zum großen Tag

TRIER. Die Vorbereitungen laufen seit Monaten auf Hochtouren. In diesen Tagen gehen Tausende von Jungen und Mädchen im Bistum Trier zur Erstkommunion.

 Schaut mal her, wie schön mein Kommunionkleid ist: Helena Franzen und Vanessa Kohn fiebern dem großen Tag entgegen. .Foto: Katja Krämer

Schaut mal her, wie schön mein Kommunionkleid ist: Helena Franzen und Vanessa Kohn fiebern dem großen Tag entgegen. .Foto: Katja Krämer

"Derschönste Tag im Leben, hatten sie gesagt", erinnert sichKölschrocker Wolfgang Niedecken in einem seiner Lieder an seineErstkommunion. Ob es letztlich der schönste Tag im Leben seinwird, sei dahingestellt. Fest steht jedoch, dass die Jungen undMädchen heute genauso aufgeregt sind wie einst ihre Eltern undGroßeltern. Und dass das große Fest noch lange in Erinnerungbleiben wird. Marcel Michels kann es kaum erwarten. "Noch achtmal schlafen", dann kommt er wie Tausende von Kindern im Bistum Trier zur Erstkommunion. Schützend mit Plastik umhüllt, hängt sein neuer Kommunionanzug seit Monaten einsatzbereit im Schrank. "Irgendwie fühle ich mich richtig groß, wenn ich ihn anziehe. Ich komme mir vor wie ein Diener", sagt der Neunjährige.

"Wie schmeckt denn Gott?"

Auch Kim Lief Rademachers Kommunionkleid ist längst gekauft, und sie freut sich, "einmal ein nicht so gewöhnliches Kleid tragen zu können". Dass viele Verwandte zu ihrer Feier kommen werden, macht sie ebenso fröhlich, wie der Gedanke daran, dass sie endlich auch einmal den Leib Christi bekommen wird. "Ich bin mal gespannt, wie der schmeckt", sagt Marcel.

Dass sie endlich zur Gemeinschaft gehören werden, darüber freuen sich Vanessa Kohn und Helena Franzen. Und wie wohl die meisten Kinder denken sie auch gerne an die neuen Fahrräder und die vielen Geschenke, die das Fest oftmals als nette "Nebenerscheinung" mit sich bringt.

Dass Kim Lif, Vanessa und Helena an dem großen Tag ein weißes Kleid tragen werden, ist auf eine alte Tradition zurückzuführen. "Früher wurden Erwachsene an Ostern getauft und gingen gleichzeitig zur Kommunion", weiß Pastor Andreas Noster aus Föhren. "Bis acht Tage nach dem Osterfest trugen sie zu den fast täglich stattfindenden Messen bis zum so genannten Weißen Sonntag weiße Kleidung. Ein Symbol für Reinheit und Neubeginn."

Seit Jahrzehnten ist das Ritual, das den Eintritt in die Glaubensgemeinschaft symbolisiert, entzerrt. Die meisten Katholiken werden als Säuglinge getauft und kommen im dritten Schuljahr zur Kommunion. Auf spielerische Art werden sie von den Katechetinnen - meist übernehmen diese Aufgabe die Mütter - monatelang auf das Ereignis vorbereitet.

Das war aber nicht immer so. Marlies Schuster (44) und Martha Bales (78) wurden noch von den Pastören auf die Kommunion vorbereitet. An eine Ohrfeige, die der Pastor ihr verpasste, weil sie den Anweisungen beim Aufstellen nicht folgte, kann sie sich noch ebenso gut erinnern wie an die Absprache mit den Freundinnen vor der mit Herzklopfen erwarteten Beichte. Das Wohnzimmer wurde ausgeräumt, ein neues Bad und eine neue Waschmaschine zu dem Ehrentag angeschafft.

"Es war ein tolles Gefühl zu wissen, die sind alle wegen mir gekommen", weiß Marlies Schuster heute noch. Und dass die Verwandten sogar zwei Armbanduhren mitbrachten, ist in bester Erinnerung geblieben. "Wir hatten sehr viel Respekt, ja sogar Furcht vor dem Pastor", sagt Martha Bales. Zu ihrer Kommunion 1936 machte sich die Verwandtschaft aus den Nachbardörfern zu Fuß auf zur Feier. Trotz schlechter Zeiten wurde ein gutes Essen serviert.

Erinnerung an alte Zeiten

Zu ihrem weißen bestickten Second-Hand-Kleid trug sie, wie ihre Freundinnen, schwarze Schuhe, "denn die konnten auch noch weiterhin getragen werden." 10 Reichsmark und ein paar selbst gestrickte Strümpfe lagen auf dem Geschenketisch.

Die meisten Kommunionfeiern finden heute nicht mehr in der eigenen Wohnung, sondern in Restaurants statt. Die Einladungen wurden vor Wochen verschickt, und über Jesus haben die Kinder seitdem allerhand erfahren. "Es hat immer Spaß gemacht, und wir haben viel Interessantes gehört", sagt Kim. Katechetin Anja Michels ist beeindruckt, mit welcher Begeisterung die Kinder an dem Kommunionkurs teilgenommen haben. Auch für sie selbst war es eine gute Erfahrung. "Ich konnte meinen Glauben wieder auffrischen."

Kritischer sieht das Petra Müller (Name geändert): "Viele Kinder machen heute nur selten religiöse Erfahrungen. Selbst einfache Zeichen wie Hände falten oder Kreuzzeichen sind ihnen fremd." Die befragten Kinder sind sich einig, dass sie froh sind, so viel über Gott und Jesus erfahren zu haben. "Jesus ist toll, er hat so vielen Menschen geholfen hat." Mit dieser Meinung steht Marcel nicht allein.

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