Bibelworte aus der Isolationszelle

TRIER. Mit der Paul-Schneider-Straße in Trier-Nord, die die Erinnerung an den von den Nazis im KZ Buchenwald ermordeten evangelischen Dorfpfarrer aus dem Hunsrück wach hält, beginnt der Trierische Volksfreund eine Serie über Trierer Straßen, die Namen bekannter Persönlichkeiten tragen.

Ostersonntag 1939. Durch das vergitterte Fenster der Arrestzelle tönt eine laute Stimme über den Appellplatz im Konzentrationslager Buchenwald. "So spricht der Herr: Ich bin die Auferstehung und das Leben." Das sind die Worte des inhaftierten evangelischen Pfarrers Paul Schneider.Kritik an den Nazis von der Kanzel herab

Der 1897 in Pferdsfeld im Soonwald geborene Paul Schneider trat seine erste Pfarrstelle 1926 in Dornholzhausen (Kirchenkreis Wetzlar) an. Von der Kanzel herab kritisierte der Pfarrer immer wieder deutlich die nationalsozialistische Ideologie und die Vertreter der NSDAP. Doch auch durch die Strafversetzung 1934 nach Dickenschied (Rhein-Hunsrück-Kreis) ließ sich der Theologe, der sich der Bekennenden Kirche angeschlossen hatte - einer Gruppe der Evangelischen Kirche, die sich gegen die Gleichschaltung durch Nationalsozialisten wandte - nicht den Mund verbieten. Vom NS-Regime wurde er in den folgenden Jahren mehrmals verhaftet und bekam 1937 Aufenthalts- und Predigtverbot. Als sich Paul Schneider diesem Verbot widersetzte, wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald in der Nähe von Weimar gebracht. Dort weigerte er sich, bei einem Appell die Hitlerfahne zu grüßen und wurde in eine Isolationszelle gesperrt. Doch selbst aus dem Zellenfenster rief der Pfarrer den Mithäftlingen Bibelworte zu. Später erhielt er den Beinamen "Prediger von Buchenwald". Für seine Predigten aus dem Zellenfenster wurde Paul Schneider täglich mit Folter bestraft. Dennoch machte er so lange weiter, bis seine Stimme durch die Misshandlungen ganz verstummte. Am 18. Juli 1939 wurde der von der 15-monatigen Isolationshaft und Folter gezeichnete 41-Jährige durch eine Überdosis eines Herzmedikaments ermordet. In der Nordstadt erinnert die Paul-Schneider-Straße an den unbeugsamen evangelischen Pfarrer, der sich - wie Dietrich Bonhoeffer - aus religiöser Überzeugung bis zum Tode dem NS-Regime widersetzte.

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