Biewers unfreiwillige Hinterwäldler

BIEWER. Sehr naturnah wirkt die Wohnbebauung im Falschen Biewertal. Doch für die Anlieger ist dies zu viel des Guten - besonders im Winter sehen sie vor lauter Wald auf dem gegenüberliegenden Josterberg monatelang keine Sonne mehr. Sogar die Durchschnittstemperatur ist dort tiefer als im übrigen Stadtteil Biewer.

 Licht und Schatten: Das "Sonnenschein-Foto" vom Falschen Biewertal entstand am frühen Nachmittag. Von November bis Februar gibt es auch bei klarem Himmel diese "Ausleuchtung" der Straße nicht. Das verhindert zuverlässig der Kiefernwald. Nie "ins Licht gerückt" werden die Häuser am unteren Ende der Straße (Hintergrund), wo der Wald der Bebauung am engsten auf die Pelle rückt.Foto: Friedhelm Knopp

Licht und Schatten: Das "Sonnenschein-Foto" vom Falschen Biewertal entstand am frühen Nachmittag. Von November bis Februar gibt es auch bei klarem Himmel diese "Ausleuchtung" der Straße nicht. Das verhindert zuverlässig der Kiefernwald. Nie "ins Licht gerückt" werden die Häuser am unteren Ende der Straße (Hintergrund), wo der Wald der Bebauung am engsten auf die Pelle rückt.Foto: Friedhelm Knopp

Tatsächlichbietet sich bei der Einfahrt ins Falsche Biewertal folgendesBild: Rechts die endlos scheinende Reihe an Wohnhäusern, linksder "schwarze Block" des mit hohen Kiefern bestandenenJosterbergs, der zum Trierer Stadtwald gehört. Wie eineSonnenschutzklappe hinter der Autofrontscheibe verdecken die biszu 100 Jahre alten, hochgewachsenen Bäume den vom Zentralgestirnproduzierten Lichteinfall. Schon in den 60er Jahren wurden erste Anwohnerproteste laut. Damals hatte der dichte Kiefernbestand eine bestimmte Höhe erreicht und begann lästig zu werden. Doch geändert hat sich bisher kaum etwas - meist kamen aus dem Trierer Rathaus nur Versprechungen, die dann im Dunkel des Nadelwaldes verhallten.

"Im Sibirien von Biewer"

Zuletzt war dies im September 1999 der Fall. Damals war den Anwohnern für den Herbst 2000 eine erhebliche Auslichtung versprochen worden. Unter dem Titel "Mehr Sonne ins Tal" berichtete der TV am 17. September 1999 über das Ereignis - doch auch dreieinhalb Jahre später hält die Mehrzahl der Josterberg-Kiefern nach wie vor eisern ihren Posten.

Laut Ortsvorsteher Dieter Birkel wurde der Nadelbaumbestand seither tatsächlich ausgedünnt - allerdings schwerpunktmäßig entlang des oberen unbebauten Bereichs des Falschen Biewertals. Auch der übrige Bestand in Richtung Ortsmitte sei etwas durchforstet worden - allerdings reiche dies nicht aus. Birkel: "Bei gutem Wetter scheint die Sonne an einigen Stellen nun stärker durch. Doch dadurch erkannten die Anwohner erst, wie hell und freundlich es hier sein könnte."

Der Wald sorgt aber nicht nur für Finsternis und Kälte im "Sibirien von Biewer", wie die Straße im Volksmund längst heißt. Bei bestimmten Wetterlagen kann von den hohen Kiefern auch eine konkrete Gefahr ausgehen. Ehepaar Hermann und Rosemarie Steffens erinnert sich an einen Schneebruch in den 80er Jahren, bei dem einige Kiefern "direkt vor die Häuser krachten". Und inzwischen seien die Bäume noch höher gewachsen.

So geht der Protest weiter. Die Anlieger fühlen sich von der Stadt Trier und ihrer Forstverwaltung hingehalten. "Wir wollen den Wald nicht ausmerzen, aber er müsste mal zu Gunsten einer Buchenanpflanzung durchforstet werden", sagt Hermann Steffens. Er ist Mitinitiator einer Unterschriftensammlung - rund 100 Namen aus dem Falschen Biewertal stehen inzwischen auf der Liste.

Hoffnung setzten die Betroffenen nun in ein Treffen, an dem Vertreter der Stadt Trier, der Forstverwaltung mit Forstamtchef Georg Schubach und der Ortsvorstand teilnahmen. Doch die Bilanz des Ortsvorstehers fiel anschließend eher bescheiden aus. "Es ergab sich zwar eine durchaus aufgeschlossene Diskussion mit den Forstleuten. Aber es war auch deutlich zu spüren, dass man sich gegen ein Abholzung der Kiefern weiterhin sperren will", sagte Birkel. Wie schon in der Vergangenheit, seien als Begründung für den Erhalt der Nadelbäume ständig neue Argumente vorgebracht worden.

Aus Sicht der Verwaltung trifft dies so nicht zu. Einen völlig von Kiefern befreiten Josterberg mit einer Buchen-Monokultur werde es auf keinen Fall geben, heißt es im Rathaus. Die Hintergründe erläutert Ralf Frühauf vom städtischen Presseamt. Er verweist dabei auf den Forstwirtschaftsplan der Stadt: Zum einen seien die Josterberg-Gehölze noch nicht marktreif. Eine komplette Abholzung zu diesem Zeitpunkt wäre für die Stadt Trier mit erheblichem finanziellen Verlust verbunden. Dennoch sei man den Anwohnern schon mit mehreren Durchforstungen entgegen gekommen.

Die von Anwohnern gewünschte Monokultur aus Buchen sei aber auch nach einem späteren Abholzen des alten Kiefernbestandes nicht realisierbar. Frühauf: "Nach dem Forstwirtschaftsgesetz des Landes ist es nicht zulässig, einen Mischwald durch eine Monokultur zu ersetzen. Es wird also auch wieder mit Kiefern aufgeforstet werden."

Immerhin stellt die Stadt in Aussicht, voraussichtlich im nächsten Jahr den Bestand erneut zu durchforsten und auszudünnen. Für die Anwohner ein schwacher Trost.

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