Bildungsträgern droht der Exitus

TRIER. Private Bildungsträger wie Ibis Acam oder die Deutsche Angestellten Akademie, die Arbeitslosen wieder die Tür zum Arbeitsmarkt öffnen, sind selbst in ihrer Existenz bedroht. Überregionale Billiganbieter graben den renommierten Institutionen das Wasser ab. Im Landkreis ebenso wie in der Stadt Trier verschlechtert sich die Auftragslage, Mitarbeiter werden entlassen.

"Vor 18 Monaten hatte ich noch 25 Mitarbeiter. Ende 2004 sind es noch sieben", sagt Michael Decker von Ibis Acam Trier. Sein Hermeskeiler Kollege Dirk Weber sieht ebenfalls schwarz: "Wir haben noch Aufträge bis zum 4. Juni. Danach kommt nichts mehr. Wenn sich die Situation nicht drastisch ändert, droht uns der Exitus." Josef Adams von der Handwerkskammer Trier, die ebenfalls Träger von Qualifizierungen ist, erläutert die Hintergründe: "Alle Ausschreibungen gehen an überregionale Anbieter, die weder über Referenzen noch über eine regionale Infrastruktur verfügen." Doch ihre Preise liegen deutlich unter denen der regionalen Bildungsträger, die über Büros, Personal und die genaue Kenntnis der Arbeitsmarkt-Situation vor Ort verfügen. "Das günstige Angebot zählt", sagt Adams. Denn die Hartz-Reformen haben auch das Qualifikationssystem für Arbeitslose verändert. Seit Herbst 2003 werden die Aufträge bundesweit ausgeschrieben; vorher waren die örtlichen Agenturen für Arbeit für die Vergabe zuständig. Dadurch bekommen Anbieter den Zuschlag, die bis 10 000 Arbeitslose betreuen sollen - ohne eine Vorstellung von der Struktur des lokalen Wirtschaftsraums. Räumlichkeiten und Personal vor Ort halten diese Unternehmen ebenfalls nicht vor. Josef Adams: "In einem bestimmten Fall sollten zwei reisende Mitarbeiter fast 2000 Arbeitslose betreuen. Das ist ganz einfach unmöglich." Dieses krasse Missverhältnis wird auch in von der Handwerkskammer vorgelegten Zahlen deutlich: 11,7 Millionen Euro mussten auf diesem Weg investiert werden, um 185 Arbeitslosen einen Job zu vermitteln. Nach zahlreichen erfolgreichen Klagen vor dem Bundeskartellamt hat die Bundesagentur für Arbeit viele Ausschreibungen wieder aufgehoben und außerdem angekündigt, örtliche Anbieter stärker einzubeziehen und wieder mehr Wert auf Qualität zu legen (der TV berichtete).Harte Kritik im Kreistag Trier-Saarburg

"Diese Lösung steht noch aus", sagt Triers Bürgermeister und Sozialdezernent Georg Bernarding, und auch Michael Decker von Ibis Acam Trier meldet: "Es hat sich noch nichts geändert. Das in die überregionalen Anbieter investierte Geld könnte man genauso aus dem Fenster werfen." Der Kreistag Trier-Saarburg hat diese Situation in seiner letzten Sitzung vor dem Kommunalwahl scharf kritisiert. Mit großer Mehrheit beschloss das Gremium am Montagabend, die Bundesagentur für Arbeit aufzufordern, "die gewachsene und bewährte regionale Trägerstruktur seriöser Bildungs- und Qualifikationseinrichtungen in der Region Trier nicht durch unzumutbare Ausschreibungsbedingungen und sonstige fragwürdige Vorgaben zu zerschlagen". Bewährte regionale Bildungsträger sollen stärker als bisher berücksichtigt werden. Gegen Anbieter, die erkennbar Preis- und Lohndumping betreiben, sollen "angemessene Sanktionen" ergriffen werden.

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