Blaue Lagune wird nicht verlegt - Trierer dürfen am 10. Dezember abstimmen (Update)

Trier · CDU, FDP und UBT scheitern mit ihrem Vorschlag, einen alternativen Standort für die Tankstelle in der Ostallee zu prüfen. Besonders für die Christdemokraten und ihren Baudezernenten ist das eine schmerzhafte Niederlage. Beim Bürgerentscheid am 10. Dezember sind deshalb alle Trierer aufgerufen, über den Verbleib der Tankstelle am jetzigen Standort abzustimmen.

"Als jedermanns Liebling ist man schnell jedermanns Depp." Das sagte Triers Baudezernent Andreas Ludwig (CDU) im Juni 2015 im Interview mit dem TV. Gemeint war das kritisch, als Warnung davor, sich populistischen Meinungen und kurzfristigen Forderungen allzuschnell zu beugen. Zwei Jahre später - nach der Niederlage der CDU und ihres Dezernenten im Kampf um den Erhalt der Tankstelle in der Ostallee - wirkt der Liebling-Depp-Satz fast wie eine Prognose.

Mehr zum Thema: Diskussion und weitere Beschlüsse aus dem Stadtrat Trier zum Nachlesen im Liveticker von volksfreund.de

Denn obwohl er selbst erklärter Gegner der Tankstelle im Alleenring und auch noch Umweltdezernent ist, kümmerte sich Ludwig in den vergangenen Wochen um fast nichts anderes als eine für alle erträgliche Lösung zu finden, um die blaue Lagune irgendwie erhalten zu können. Gesprächsversuche mit dem Aral-Mutterkonzern BP. Gespräche mit Markus Römer, der die BI vertritt, die das Bürgerbegehren für den Erhalt der Tanke initiiert hat. Gespräche mit dem Rechtsamt der Stadt, ob eine Vergabe des ins Auge gefassten Ausweichgrundstücks auf dem Gelände der Stadtwerke überhaupt ohne Ausschreibung an die BP vergeben werden könnte.

Das alles endete in dem Kompromissvorschlag, den Pachtvertrag interimsweise zunächst um ein Jahr zu verlängern, um in dieser Zeit die Standortverlegung konkret zu prüfen. Die CDU fasste die von Ludwig ausgearbeitete Idee in einen Antrag und nahm UBT und FDP mit ins Boot.
In der Ratssitzung am Donnerstagabend endeten Ludwigs Bemühungen, es allen recht zu machen, allerdings mit einer schmerzhaften Niederlage für den Baudezernenten und seine CDU: Mit knapper Mehrheit lehnte der Rat den Kompromissvorschlag ab. Nun kommt es am 10. Dezember zum Bürgerentscheid (TV vom Freitag, siehe Info).
Jetzt haben die Trierer es in der Hand, ob es mit der Tankstelle in der Ostallee weitergeht oder nicht.

Beigelegt ist der politische Streit damit allerdings nicht. Wie blank die Nerven mittlerweile liegen, offenbarte sich in der Ratssitzung, als SPD-Sprecher Rainer Lehnart monierte, Ludwig habe die Fraktionen nicht wie zugesagt mit Infos über die rechtlichen Umstände einer potenziellen Standortverlegung versorgt. "Hättet ihr mich am Montag zu eurer Fraktionssitzung eingeladen, hätte ich euch alles erklärt - aber ihr wolltet mich ja nicht", patzte Ludwig mitten in Lehnarts Redebeitrag.

"Wir haben keine Angst vor einem Bürgerentscheid", erklärte CDU-Sprecher Thomas Albrecht, wohl in der Überzeugung, dass genügend Befürworter der Tankstelle den Weg zur Wahlurne finden werden. "Wir haben auch keine Angst vor dem Bürgerentscheid!", hielt SPD-Sprecher Lehnart dagegen - seinerseits offenbar sicher, dass genügend Gegner der Tankstelle bei der Abstimmung mitmachen und das Ende der blauen Lagune besiegeln.
CDU-Ratsmitglied Jutta Albrecht - erklärte Tankstellenbefürworterin - kommentierte die Sache noch am späten Donnerstagabend bei Facebook: "Auf in den Wahlkampf! Das rocken wir!" Der Ton für die Wochen bis zum Bürgerentscheid dürfte damit gesetzt sein.

SO LÄUFT DER BÜRGERENTSCHEID:
Alle wahlberechtigten Trierer erhalten - wie bei anderen Wahlen auch - vor dem Bürgerentscheid am 10. Dezember eine Wahlbenachrichtigung. Mit dieser können dann auch Briefwahlunterlagen angefordert werden. Weil mit einer niedrigeren Wahlbeteiligung zu rechnen ist als etwa bei der Bundestagswahl, werden wohl statt 72 "nur" rund 50 Wahllokale eingerichtet, in jedem Wahlbezirk mindestens eins. Die Stadt schätzt, dass etwa 500 Wahlhelfer benötigt werden.
Wenn mindestens 15 Prozent aller Wahlberechtigten für den Erhalt der Aral-Tankstelle an der Ostallee stimmen - das sind etwa 13.000 Trierer - und nicht eine Mehrheit dagegen - rechnerisch also 13.001 oder mehr - muss der Vertrag mit der blauen Lagune um mindestens zehn Jahre verlängert werden.

PRO
Die Argumente der Gegner sind leere Phrasen

Tausende von Trierern sind mit einer Entscheidung des Stadtrats nicht einverstanden und gehen dagegen vor - mit den Mitteln, die der Rechtsstaat und die Demokratie anbieten. Die verzweifelten Versuche der CDU und des Baudezernenten Andreas Ludwig, diesen Bürgerentscheid überflüssig zu machen, zeigen deutlich, wie groß die Angst der Politiker vor einem solchen Schritt ist. Der Bürger sagt ihnen klar: Eure Argumente haben mich nicht überzeugt, ich nehme das Thema jetzt selbst in die Hand. So wird eine Tankstelle zum Mittelpunkt des ersten Bürgerentscheids in Trier. Die Arroganz der politischen Entscheider hat diese Eskalation überhaupt erst ermöglicht, denn die Argumente der Tankstellengegner sind und waren leere Phrasen. Der Alleenring soll durchgehend grün sein? Ein Witz bei täglich Zehntausenden von Autos, die ihn durchqueren. Die Tankstelle ist ein hässlicher Klotz? Das mag sein, aber sie ist auch ein funktionierender und beliebter kleiner Wirtschaftsbetrieb, der das Recht hat, mit allen legalen Mitteln um seine Zukunft zu kämpfen. j.pistorius@volksfreund.de

KONTRA
Eine Nacht-Tanke macht Trier nicht zur Großstadt

Gut, dass der Bürgerentscheid kommt! Denn 4500 Unterschriften - und meinetwegen noch die 2000 zusätzlichen, ungeprüften dazu - bedeuten noch lange nicht, dass eine Mehrheit der Trierer einen alten, abgerockten Betonklotz weitere zehn bis 15 Jahre im Alleenring haben will. Beinahe hätte sich der Rat allerdings der Unterschriftenliste gebeugt - was ein fatales Signal gewesen wäre. Denn die Hürde dafür, gefasste Entscheidungen eines gewählten Parlaments umzuwerfen, muss deutlich höher liegen - eben bei einer echten Abstimmung unter allen Bürgern. Am 10. Dezember haben die Trierer nun die Möglichkeit, für ein modernes Trier zu stimmen - ohne blaues Beton mitten im Grün. Und für eine moderne, ökologische Entwicklung der Stadt. Allen vermeintlichen Hipstern sei gesagt: Das Fehlen eines Nacht-Shops verwandelt Trier noch lange nicht in eine Provinzstadt. Eine rückwärtsgewandte, anachronistische und populistischen Forderungen nachkommende Entscheidung für den Erhalt der Tanke - oder gar ihres Neubaus - in der Kernstadt dagegen schon. c.wolff@volksfreund.de

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