Bleihaltige Luft in Pfalzel

PFALZEL. Mehr als 100 Bürger informierten sich auf Einladung des Bürgervereins über die geplante Modernisierungsmaßnahmen des Trierer Stahlwerks (TSW). Neben ausdrücklich gelobten Verbesserungen infolge der geplanten Sanierung befürchtet der Bürgerverein zunehmende Umweltbelastungen für Pfalzel.

Neueste Messungen der Universität Trier haben ergeben, dass die Bleiwerte von in Pfalzel angebautem Gemüse und Obst mehr als zehnmal höher sind als die EU-Lebensmittelverordnung erlaubt. "Das würde ich nicht essen", meinte Professor Willy Werner in einer SWR-Fernsehsendung. Mehr als 100 Bürger drängten sich zur gleichen Zeit im Amtshaus, darunter auch die Firmeninhaber des TSW, Uli und Christoph Rass. In sachlicher Form fasste Hans-Jürgen Wirtz vom Bürgerverein die komplexe Materie zusammen. Das Bauvorhaben des TSW, das eine neue Entstaubungsanlage und eine gekapselte Schrottzuführung zum Schmelzofen vorsieht, sei eine "eindeutige Verbesserung". Gleichzeitig gingen mit der Produktionserweiterung von derzeit 360 000 Tonnen Stahl auf 545 000 Tonnen weitere Belastungen einher, befürchtete Wirtz. Problem Nummer eins: die Verkehrsanbindung. Der Anlieferverkehr soll nach den Plänen zukünftig über die Eltzstraße erfolgen und damit deutlich näher an das Wohngebiet rücken - man müsse mit bis zu 220 Lkw pro Tag rechnen. Lkw könnten Wohngebiet belasten

"Wenn die Lkw dann nicht über die engen Kreisel fahren, sondern die Verbindungsspange über Michelin wählen, fahren sie sogar unmittelbar am Wohngebiet vorbei", befürchtete Wirtz. Nach einem aufgebrachten Einwand eines Besuchers sicherte Uli Rass zu, zukünftig verstärkt auf eine Anlieferung über Schienen und das Wasser zu setzen. Problem Nummer zwei: das Fertiglager. Das 21 500 Quadratmeter große Gelände soll nach den Plänen bis auf 250 Meter nah an die Karolingerstraße heran geführt werden. Da ein 24-Stundenbetrieb vorgesehen ist, müssten Anlieger auch nachts mit erheblichen Fahr- und Ablagegeräuschen rechnen, wenn schwere Gabelstapler jeweils zwei 3,5 Tonnen schwere Drahtrollen ablegen, so Wirtz. Lärmschutzvorkehrungen sehen die Pläne nicht vor. In einem Vorgespräch hätten Uli und Christoph Rass dem Bürgerverein zugesichert, einen Erdwall als Lärmschutz zu errichten. "Wir wollen die Grenzwerte einhalten", versprach Uli Rass. Problem Nummer drei: die Schlackeverarbeitung. Derzeit werden unter freiem Himmel 50 000 Tonnen Schlacke gelagert und zerkleinert - nach der Modernisierung werden es voraussichtlich 80 000 Tonnen sein. "Wir halten den Verarbeitungsvorgang für nicht zulässig", meinte Wirtz in Hinblick auf entstehende Stäube. Verschiedene Messungen hätten erhebliche Ablagerungen von Blei und Cadmium ergeben. Der Gesundheitsgefahr von offen gelagerter Schlacke widersprachen die TSW-Chefs vehement. Sie erinnerten daran, dass laut Gutachten des Landesumweltamts die sechsfache Überschreitung des zulässigen Bleiwerts in Juni/Juli 2005 ermittelt wurde, als das TSW stillstand. Für Wirtz gerade ein Indiz, dass die Schlacke Mitverursacher der Staubbelastung ist.Hochgradig magnetischer Staub

Allerdings würde zukünftig die flüssige Schlacke in einer Halle gekippt und eine Berieselungsanlage eingesetzt, meinte Christoph Rass. "Sie spielen dieses Thema mit dem Staub herunter!", empörte sich ein Besucher und erntete spontanen Beifall. Nach Wiederaufnahme der Produktion des TSW hätte der Staub erheblich zugenommen, der - so eine Besucherin - "hochgradig magnetisch" sei. "Ich kann Ihre Sorgen verstehen", meinte Christoph Rass, "aber das kommt nicht nur von uns." Der Informationsabend hinterließ bei etlichen Besuchern betretene Mienen. Ein öffentlicher Erörterungstermin wird am 22. Februar im Rathaus ab 10 Uhr stattfinden, wenn die Inhalte eingegangener Widersprüche behandelt werden. Die Widerspruchsfrist endet heute.

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