Bodenständiger Weltbürger

33 alten Männern stiftete Nikolaus Cusanus vor 550 Jahren ein Refugium. Für die damalige Zeit war das revolutionär. Doch der Kardinal und Philosoph war seiner Zeit auch in anderen Bereichen voraus.

 Weihbischof Stephan Ackermann zelebriert das Festhochamt. TV-Foto: Clemens Beckmann

Weihbischof Stephan Ackermann zelebriert das Festhochamt. TV-Foto: Clemens Beckmann

Bernkastel-Kues. Vielleicht erschließt sich einem jungen Menschen noch nicht, welche Bedeutung Nikolaus Cusanus hat. Auch für den Theologen Professor Wolfgang Lentzen-Deis, der aus Kues stammt und seit Jugendtagen mit Leben und Werk des Kardinals und Philosophen (1401-1464) konfrontiert wurde, dauerte es einige Zeit, bis ihm die Bedeutung des Nikolaus Cusanus klar wurde.

"Erst bei meinen Philosophie-Studien in Rom bin ich ihm näher gekommen, und es ist mir bewusst worden, welchen Schatz mein Heimatort birgt", merkte Lentzen-Deis bei seinem Festvortrag an, der an das Jubiläum (550 Jahre St. Nikolaus-Hospital) erinnerte. Seine "Erinnerungen und Annäherungen an Cusanus und seine Stiftung" gaben auch dem Laien Einblick in Leben und Werk eines Mannes, der seiner Zeit weit voraus war.

In seiner Heimatstadt ist sein Erbe sichtbar und wird es bleiben: mit seinem Geburtshaus und dem Nikolaus-Hospital, dessen Stiftung sich am 3. Dezember zum 550. Mal jährte. 33 "alten und abgearbeiteten Männern" gab Cusanus ein Heim.

Weihbischof Stephan Ackermann, der in der Stifts-Kapelle ein Festhochamt zelebrierte, hob dieses für damalige Zeiten ungewöhnliche Projekt hervor. Das sei "visionär gewesen und habe Maßstäbe gesetzt", sagte Ackermann.

Karl-Heinz Seidel, Vorsitzender des Stiftungsrates, ließ die Geschichte des St. Nikolaus-Hospitals, das Kriegen und anderen Wirren trotzte, Revue passieren. Dazu gehört auch, dass seit 1969 auch Frauen offiziell ihren Lebensabend hier verbringen dürfen.

"Wir sind stolz auf den berühmtesten Sohn der Stadt", sagte Stadtbürgermeister Wolfgang Port. Sein Erbe zu wahren, sei und bleibe eine Verpflichtung. Seit etwa 20 Jahren wird das Altenheim von der ctt (caritas träger gesellschaft) betrieben. Es sei eine Ehre, das Vermächtnis weiterzuführen, sagte Burkhard Nauroth, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende.

"Cusanus war ein Mensch mit verstehendem Einblick, überragendem Weitblick und entscheidendem Durchblick", sagt er. "Cusanus gehört längst nicht mehr den Kuesern und der Mosel", sagte Professor Walter Andreas Euler, Direktor des Cusanus-Instituts. Neid sei aber nicht angebracht. Schließlich genieße das Moseltal auch durch Cusanus Weltruf.

Das Festhochamt gestaltete der Chor "Project Vocal" mit, die weltliche Feier im Festsaal des Weinkulturellen Zentrums umrahmten Gerda Koppelkamm-Martini (Flöte) und Michael Meyer (Klavier).

Meinung

Seiner Zeit weit voraus

Aussagen zu machen oder persönliche Anmerkungen zu treffen über Personen, die im 15. Jahrhundert gelebt haben, ist schwierig. Ihr Wahrheitsgehalt ist nicht überprüfbar. Eines dürfte aber unstreitig sein: Nikolaus Cusanus hätte sich an der Feier erfreut, die an die Stiftung des St.-Nikolaus-Hospitals erinnerte. Schon damals hatte Cusanus verfügt, dass die Altenheimbewohner sonn- und feiertags ein Glas Wein bekommen. Das Glas Stiftswein durfte auch bei der Feier nicht fehlen. Und die persönlichen Anmerkungen von Festredner Wolfgang Lentzen-Deis waren herzerfrischend. Etwas Weiteres dürfte aber auch unstrittig sein. Nikolaus Cusanus war seiner Zeit weit voraus. Wie sagte es ein Redner: Cusanus hatte verstehenden Einblick, überragenden Weitblick und entscheidenden Durchblick. Von der Sorte Mensch könnten wir im 21. Jahrhundert mehr brauchen. c.beckmann@volksfreund.de

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