Böses Erwachen durch Hartz IV

TRIER. Der Bund hatte den Kommunen durch die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe Entlastungen versprochen. In Wirklichkeit hat "Hartz IV" Städte und Gemeinden belastet. Die Zahlen für Trier sprechen eine eindeutige Sprache: Bis Jahresende werden Mehrausgaben von 2,7 Millionen Euro zu verkraften sein.

Der 17-seitige Bericht des Sozialdezernats über die Erfahrungen und Ergebnisse der ersten sechs Hartz-IV-Monate in Trier muss den Stadtkämmerer erschaudern lassen: Bis zum Jahresende wird er im Sozialhaushalt weitere 2,7 Millionen Euro als Fehlbedarf ausweisen. Das einzig Positive in dem Bericht betrifft zwei organisatorische Dinge: Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu einer Grundsicherung sei fristgerecht zum 1. Januar erfolgt. Alle, die Anspruch auf Arbeitslosengeld II sowie Unterkunftskosten haben, hätten pünktlich ihr Geld erhalten. Womit nicht gerechnet wurde: die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger liegt mit 7498 wesentlich höher als der Personenkreis, der noch im Jahr 2004 Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe erhalten hatte (zusammen 6120). Insbesondere belasten die "Kosten der Unterkunft und Heizung" den Haushalt. Diese Leistung muss vollständig aus dem Stadtsäckel bezahlt werden. In Trier erhält eine Bedarfsgemeinschaft (Hilfsbedürftiger und im Haushalt lebende nicht erwerbsfähige Personen) durchschnittlich 275 Euro Mietgeld. Die zuständige Arbeitsgemeinschaft aus Agentur für Arbeit und Sozialamt (Arge) geht bereits Fällen von überhöhten Mieten nach. Innerhab von sechs Monaten müssen sich die Betroffenen um preiswerteren Wohnraum bemühen. Damit die Vermittler nicht nur auf städtischen Wohngrundbesitz angewiesen sind, soll verstärkt mit Wohnungsbaugesellschaften zusammengearbeitet werden. "Sollte es gelingen, die Kosten pro Einzelfall um zehn Euro monatlich zu senken, käme es jährlich bei 4060 Bedarfsgemeinschaften zu einer Kostenreduzierung von 487 200 Euro", hat das Sozialdezernat errechnet. 60 Betroffene hätten sich bereits um preiswertere Unterkunft bemüht.Lob für die Arbeitsgemeinschaft

Bürgermeister Georg Bernarding betonte im Stadtrat, dass nur eine strukturelle Veränderung auf dem Arbeitsmarkt das Problem der hohen Kosten durch die neue Sozialgesetzgebung lösen könne. Bernd Michels (CDU) vermutet, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften weiter steigen wird. Die Arbeitsmarktreform sei ungerecht und erleichtere den Sozialbetrug. Hartz IV sei nicht der große Wurf, aber wichtig, weil das Zweiklassensystem von Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfängern aufgehoben worden sei, betonte Ingeborg Sahler-Fesel (SPD). Manfred Becker (Grüne) beklagt das "Schwarze-Peter-Spiel" zwischen Bund und Kommunen und Hans-Alwin Schmitz (UBM) findet die hohe Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 15 Jahren (1203) erschreckend. Lob erntete bei allen Rednern die Arge für ihre gute Arbeit.

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