Braun und köstlich

RUWER. (red) Die erste Schokolade seines Lebens bekam Peter Bodschard von einem farbigen Soldaten. Als die Amerikaner in Ruwer einmarschierten, hatten viele Kinder Angst vor Schwarzen.

Als die Amerikaner sich Ruwer näherten, fand ich (damals elf Jahre alt) mit meiner Mutter, meinen beiden Brüdern und anderen Ruwerer Leuten Unterschlupf im Weinkeller der Felsenmühle Stücken, wo wir zwischen den Weinfässern übernachteten. Unser fanatischer Lehrer, der bis zum Schluss noch Ruwer verteidigen wollte, hatte uns eingeschärft, die "Amis" hätten Farbige dabei, die Kinder fressen würden. Als wir eines Tages auf dem Verbindungsweg zur Bahn spielten, hielt plötzlich ein Jeep neben mir und auf dem Beifahrersitz saß ein baumlanger Schwarzer, der mich angrinste. Meine Spielkameraden liefen alle weg, aber ich war wie erstarrt und konnte mich nicht rühren. Plötzlich packte mich der Soldat am Hosenbund und hob mich auf seinen Schoß. Ich dachte nur: "Jetzt frisst er mich." Er grinste weiter mit seinen blitzenden Zähnen. Er brach aus einem Papier ein Stück braunes Etwas ab und wollte es mir geben. Ich sträubte mich. Daraufhin steckte er sich selbst ein Stück in den Mund und aß es. Neugierig probierte ich. Es war köstlich. Der Schwarze drückte mir den Rest des Papiers in die Hand, packte mich wieder am Hosenbund, setzte mich auf die Straße und fuhr weiter. Ich hatte das erste Mal in meinem Leben Schokolade gegessen. Peter Bodschard, Kürten

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort