Brückenrabatt und leere Cafés

GREVENMACHER/WORMELDINGEN. Die luxemburgischen Orte Grevenmacher und Wormeldingen haben die Rollen getauscht – bedingt durch die Großbaustelle: Gähnende Leere in Grevenmacher, pulsierendes Leben in Wormeldingen.

Das luxemburgische Wormeldingen, gegenüber von Wincheringen gelegen, ist an und für sich ein ruhiger, beschaulicher Ort. An dieser Tatsache ändern auch die Tanktouristen oder die Pendler Richtung Luxemburg Stadt nichts. So viel Verkehr wie in Wasserbillig oder Grevenmacher herrscht üblicherweise hier nie. Anders ist die Situation seit vergangenem Montag. Am frühen Morgen wurde die Moselbrücke in Grevenmacher für den Straßenverkehr dicht gemacht. Der Grund ist die Großbaustelle in der unmittelbaren Nähe des Moselübergangs. Die Folge: Wormeldingen erstickt in den morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten im Verkehr. "Am Montag war es sehr schlimm. Es herrschte fast das totale Chaos", sagt Robert Olinger von der Polizei Wormeldingen. "Die Autos stauten sich bis nach Wincheringen und Rehlingen, auf Luxemburger Seite bis hoch nach Dreiborn." Obwohl rechtzeitig auf die Sperrung der Brücke hingewiesen worden sei, wüssten viele nicht wohin", fügt er hinzu. Mittlerweile habe sich die Lage etwas entspannt. Es würden vermehrt Busse eingesetzt. Außerdem säßen in den Autos jetzt mehr Menschen, sagt Olinger und führt das auf mehr (Berufs-)Pendler in Fahrgemeinschaften zurück. Während das (motorisierte) Leben in Wormeldingen pulsiert, herrscht in Grevenmacher - um die Baustelle in der Nähe der Moselbrücke - gähnende Leere, sieht man von der geschäftigen Hektik der Bauarbeiter einmal ab. "Grevenmacher gleicht einer Geisterstadt", sagt Anja Poss, die zusammen mit Ehemann Jürgen in der Rue de Thionville ein Schuhfachgeschäft betreibt. Dennoch klagt die junge Frau nicht. Zwar fehle die Laufkundschaft, aber die Stammkunden kämen auch so: "sogar zu Fuß über die Brücke". Anja und Jürgen Poss hatten rechtzeitig reagiert und mit einem "Brückenrabatt" von 20 Prozent geworben. Die Rue Schaffmill sei in einem katastrophalen Zustand gewesen, zeigt Anja Poss Verständnis. "Die Bauarbeiter hier sind schnell. Ende nächster Woche sind die Sperrschilder bestimmt wieder weg." Auf den Stühlen im Cafe nebenan sitzt kein ein einziger Gast. Kein Wunder: Schwere Lastwagen brummen vorbei. Bagger, Schleifmaschinen und andere Baumaschinen verbreiten Krach und Staub. Marc Thill von der Straßenbauverwaltung (Ponts & Chaus-sees) sagt, dass die Bauarbeiten planmäßig laufen. Er rechne damit, dass die Brücke am Sonntag (5. Juni) wieder befahrbar sei. Nicht die Brücke ist von den Bauarbeiten betroffen, sondern die Haupt- und umliegenden Straßen. "Wir wollten alles in einem Abwasch machen", erläutert Marc Thill. Eine einseitige Verkehrsführung mit Ampelanlage hätte "nichts gebracht", in Anbetracht von bis zu 13 000 Fahrzeugen pro Tag. Außerdem sei die Straße zu schmal. "Das hätte die Katastrophe nur perfekt gemacht und ‚Monster-Staus' verursacht." Bei der sonst stark frequentierten Esso-Tankstelle gegenüber der Rue de Jardins ist kaum Betrieb. "Gut, wenn die Brücke wieder auf ist", sagt ein Mitarbeiter. Danielle Gras von der Außenstelle Grevenmacher des Landwirtschaftsministeriums freut sich darüber, die Büro-Fenster öffnen zu können. "Kein Krach, das ist doch toll." Ihren Kollegen Robert Clemens hingegen stört kein Verkehrslärm. "Ich arbeitete seit 30 Jahren hier - immer mit offenen Fenstern."

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