Bürger sollen helfen, aber andere nicht bespitzeln

Trier · Triers Polizeipräsident Lothar Schömann hatte die Bürger gebeten, seine Beamten bei der Jagd nach Einbrechern mit Fotos, Videos und Notizen kräftig zu unterstützen. Das rief Kritik hervor. Und inzwischen fällt der Hilfs-Appell des Präsidenten deutlich zurückhaltender aus.

Wenn die Trierer Polizei um kurz nach 17 Uhr noch eine anderthalbseitige Pressemitteilung herausgibt, muss etwas Außergewöhnliches passiert sein. Gestern Abend korrigierte, besser gesagt präzisierte das Präsidium eine schon ein paar Tage alte Mitteilung über die zunehmenden Wohnungseinbrüche in der Region Trier, über die auch unsere Zeitung berichtet hatte.

Ein Punkt dieses Berichts sorgte gestern für erhebliches Aufsehen: Die Bürger wurden von der Trierer Polizei gebeten, die Beamten bei der Jagd nach den Einbrecherbanden zu unterstützen und neben Fotos und Videos von vermeintlichen Kriminellen auch Notizen über verdächtige Beobachtungen oder mitgehörte Gespräche einzureichen.
Ein Appell, den Experten wie der Trierer Strafrechtsprofessor Hans-Heiner Kühne mit Kopfschütteln quittierten: "Das geht ein Stück zu weit", meinte Kühne. Bürger seien nicht als Hilfspolizisten ausgebildet, sagte der emeritierte Trierer Strafrechtsprofessor, außerdem führe ein solches Verständnis leicht auf den Irrweg einer sich selbst bespitzelnden Gesellschaft.

Ähnliche Bedenken hat auch der stellvertretende Datenschutzbeauftragte des Landes, Klaus Globig: "Die Polizei sollte keinesfalls eine Ursache dafür setzen, dass durch das heimliche Anfertigen von Fotografien und Videos in die Persönlichkeitsrechte von Bürgern eingegriffen wird. Es sollte auch kein allgemeines Klima des Misstrauens entstehen", sagt Globig.
Aussagen, die erahnen ließen, dass der Fotografier-Appell des Trierer Polizeipräsidenten schon bald wieder abgeschwächt werden würde.

Ein Sprecher von Innenminister Roger Lewentz sagte noch am Morgen unserer Zeitung, es lägen "zu der konkreten Angelegenheit keine detaillierten Informationen" vor. Man habe aber das Trierer Polizeipräsidium um eine Stellungnahme gebeten. Auch der TV hatte beim Sprecher des Trierer Polizeipräsidiums noch einmal nachgefragt.
Gestern Abend folgte dann die halbe Rolle rückwärts. "Der augenscheinlich missverständliche polizeiliche Aufruf zur Fertigung von Fotos war zu allgemein gefasst", heißt es in der Mitteilung, nur bei "gesicherten Verdachtskriterien" seien die Aufnahmen überhaupt gerechtfertigt. In dem Schreiben wird auch präzisiert, wann sich jemand möglicherweise verdächtig verhält: Etwa wenn in einem Wohngebiet Autos mit ortsfremden Kennzeichen langsam fahren und die Insassen die Umgebung beobachten.
Eine solche Präzisierung hatte zuvor auch der stellvertretende Datenschutzbeauftragte des Landes, Klaus Globig, gefordert.
Gerüchte, wonach die Bürger nur deshalb um Unterstützung gebeten worden seien, um die Personalknappheit bei der Polizei zu kompensieren, wies ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) zurück. Es würden keine Stellen abgebaut, sagte er und verwies auf "Rekordneueinstellungen" und "nie da gewesene Höchststände" an Studierenden an der Polizeischule auf dem Hahn.

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