Bürger unerwünscht

TRIER. Kommunalpolitik in Trier wird immer mehr zur Insider-Angelegenheit. Die Ausschüsse tagen meistens unter Ausschluss der Öffentlichkeit, immer mehr wichtige Entscheidungen fallen hinter verschlossenen Türen in Aufsichts- und Beiräten. Die Bürger sind erst gefragt, wenn alles entschieden ist.

Es war eine Kulturausschuss-Sitzung wie viele andere. Ein einsamer Punkt stand auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung, der Rest - darunter alle halbwegs spannenden Themen - verschwand im nicht-öffentlichen Teil. Einen Antrag der SPD, zumindest die Großveranstaltung "Brot und Spiele" coram publico zu beraten, fegte Dezernent Ulrich Holkenbrink vom Tisch: Das werde später öffentlich im Stadtrat diskutiert und sei deshalb im Ausschuss nicht-öffentlich zu behandeln. So geht es fast überall in der Trierer Kommunalpolitik. Der wichtige Ausschuss 5, zuständig für Stadtplanung und Bauprojekte, tagt fast permanent unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch der zentrale Steuerungsausschuss, Lenkungsgremium des Oberbürgermeisters, hat deutlich mehr nicht-öffentliche Beratungen als öffentliche. Selbst Themen von breitem Interesse wie etwa die Zukunft des Architektur-Beirats beraten Dezernenten und Ratsmitglieder lieber unter sich statt unter den lästigen Blicken von Presse und interessierten Bürgern. Es sei doch "legitim, dass man zunächst intern beraten will", sagt OB Helmut Schröer. Schließlich sollten Ratsmitglieder "auch mal querdenken können, jenseits von Fraktionslinien". Und alle nicht-öffentlich behandelten Themen kämen schließlich am Ende in eine öffentliche Stadtratssitzung.Bis zu 40 Punkte im Hauruck-Verfahren

Da freilich sieht die Behandlung oft so aus, dass bis zu 40 Tagesordnungspunkte vor einer reichlich ermüdeten Abgeordneten-Schar im Ruckzuck-Verfahren abgewickelt werden. Und wehe dem, der große Fragen stellt. "Wer da noch ausholt, um ein Thema anzusprechen, gilt als Störenfried", hat SPD-Stadtrat Peter Spang erfahren. "Wenn jemand nachfragt, dann kriegt er um die Ohren gehauen, dass das alles schon im Ausschuss besprochen wurde", ärgert sich Grünen-Sprecher Gerd Dahm. Immer mehr Ratsmitglieder monieren einen Mangel an Transparenz. "Wichtige Entscheidungen werden von den Bürgern kaum noch wahrgenommen", klagt Hermann Kleber von der UBM, "dabei sind wir darauf angewiesen, dass möglichst viel im Licht der Öffentlichkeit behandelt wird". Selbst CDU-Stadtrat Ignaz Bender bestätigt, in seiner Fraktion gebe es "die Neigung, mehr öffentlich zu machen". Fraglich sei, ob die Landes-Gemeindeordnung das erlaube. Die freilich hat kaum jemand gelesen. In Paragraph 46 wird festgehalten, dass die Ausschüsse sogar öffentlich tagen müssen, wenn sie Punkte abschließend behandeln. Ansonsten tagen sie "in der Regel" nicht-öffentlich - aber nur, wenn es der Ausschuss nicht von Fall zu Fall anders beschließt. Es ist den Ratsmitgliedern also völlig unbenommen, wichtige Themen wie "Brot und Spiele" oder den Architekturbeirat öffentlich zu beraten. Sie müssen es nur beschließen. Würden sich die Dezernenten im Vorfeld mit den Fraktionen verständigen, könnten weitaus mehr Themen öffentlich behandelt werden - wie es in anderen Städten längst gang und gäbe ist. "Wir haben keinen Grund, etwas nicht-öffentlich zu machen, was man öffentlich machen kann", sagt schließlich auch der OB. Man wolle "nichts verschleiern" und mache "nichts willkürlich". Über die Frage, ob mehr Öffentlichkeit möglich oder gewünscht ist, will er nun im Ältestenrat mit den Fraktionen reden.

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