Bürgerbegehren zur Blauen Lagune

Trier · Die notwendige Unterschriftenzahl ist erreicht: Der Stadtrat muss sich erneut mit der Aral-Tankstelle in der Ostallee beschäftigen. Bleibt er bei seinem Nein zu der Blauen Lagune, entscheiden die Trierer die Angelegenheit an der Wahlurne.

 Noch immer kann an der Tankstelle unterschrieben werden – obwohl bereits genügend Unterschriften gesammelt wurden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Noch immer kann an der Tankstelle unterschrieben werden – obwohl bereits genügend Unterschriften gesammelt wurden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (Ve._) ("TV-Upload Vetter"

Trier Die Unterschriftenliste für den Erhalt der Aral-Tankstelle in der Ostallee war von Woche zu Woche länger geworden. Wer volljährig, Deutscher oder EU-Staatsbürger und seit mindestens drei Monaten in Trier gemeldet ist, dessen Signatur zählte. Die magische Grenze für einen Bürgerentscheid ist geschafft: Die per Gesetz nötigen 4241 Unterschriften - das entspricht fünf Prozent aller Wahlberechtigten in Trier - liegen vor. Das teilte die Stadtverwaltung am Montag mit.
Jetzt müssen Stadtverwaltung und Stadtrat sich ganz offiziell mit dem Bürgerbegehren beschäftigen. Bei seiner nächsten Sitzung - wegen der Sommerpause erst am Donnerstag, 28. September - muss der Rat über die Zukunft der Blauen Lagune abstimmen: Gibt er dem Bürgerbegehren nach, muss der Pachtvertrag mit den Tankstellenbetreibern verlängert werden - und zwar für zehn Jahre plus Verlängerungsoption von weiteren fünf Jahren. Bleibt der Stadtrat - trotz Unterschriftenaktion - bei seinem 2012 beschlossenen und im März bestätigten Nein zu einer solchen Pachtverlängerung, dürfen die Bürger direkt abstimmen.
"Es muss dann ein Termin für diesen eigentlichen Bürgerentscheid festgesetzt werden", erklärt Rathaus-Pressesprecher Ralf Frühauf. Es wäre das erste Mal, dass die Trierer direkt an einer wichtigen Entscheidung der Stadtentwicklung beteiligt würden. "Darüber freue ich mich sehr!", betont Markus Römer. Zusammen mit dem Heiligkreuzer Michael Schmitt hat er das Bürgerbegehren initiiert. "Im Stadtrat fallen Beschlüsse viel zu oft - und zwar seitens aller Parteien - nicht im Sinne des Bürgers, sondern der Parteipolitik", sagt Römer, selbst Vorsitzender der CDU in Trier-Mitte/Gartenfeld. Er hofft nun, dass der Stadtrat im September die Verlängerung des Pachtvertrags beschließt. "Nicht auf Druck der Unterschriftenaktion, sondern aus Überzeugung für die Sachgründe", sagt er. "Für mich spricht ganz klar für den Erhalt der Blauen Lagune, dass aus Pacht und Gewerbesteuer mehr als 100 000 Euro in die Kassen der hochverschuldeten Stadt fließen. Und dass an der Tankstelle Getränke und Lebensmittel auch außerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten gekauft werden können."
Eine Nachfrage des TV am Montag zeigt allerdings, dass der Stadtrat in dieser Sache gespalten bleibt:

Sven Teuber (SPD): "Wir freuen uns über das große Bürgerengagement, aber ohne neue Argumente sehen wir keine Grundlage, unsere Entscheidung zu ändern, den Pachtvertrag Ende 2017 auslaufen zu lassen."
Udo Köhler (CDU): "Schon in der Vergangenheit wurde diese Frage in unserer Fraktion kontrovers diskutiert. Wir werden das Thema in unserer ersten Sitzung nach der Sommerpause nochmal besprechen."
Petra Kewes (Grüne): "Wie in der Vergangenheit wird sich unsere Fraktion für den Abriss der Tankstelle aussprechen. Wir sehen in der Elektromobilität die Zukunft, Tankstellen der Ölmultis sind Auslaufmodelle."
Christiane Probst (UBT): "Selbstverständlich wird unsere Fraktion für die Pachtverlängerung stimmen - wir hatten den Erhalt der Tankstelle ja erst vor Kurzem nochmal im Stadtrat beantragt."
Michael Frisch (AfD): "Wir unterstützen das Bürgerbegehren und auch einen eventuellen Bürgerentscheid und stimmen für den Erhalt der Tankstelle."
Tobias Schneider (FDP): "Die 4241 Unterschriften belegt unseren Eindruck, dass der übergroße Teil der Bevölkerung die Tankstelle an genau dieser Stelle haben will. Ich hoffe sehr, dass der Stadtrat nun einfach seine Entscheidung korrigiert und uns allen einen aufwendigen Bürgerentscheid erspart."
Theresia Görgen (Linke): "Die Linksfraktion wird - ebenso wie bei der letzten Abstimmung im Stadtrat - für eine Verlängerung des Pachtvertrages stimmen."
(Die Piraten haben sich auf die gestrige TV-Nachfrage nicht zurückgemeldet).

Lehnt der Stadtrat das Bürgerbegehren ab, kommt es zum Bürgerentscheid. Wenn beim Urnengang mindestens 15 Prozent aller Trierer Wahlberechtigten - das sind laut Stadtverwaltung etwa 13 000 Bürger - mit Ja stimmen, darf die Tankstelle bleiben.KommentarMeinung

Kollateralschäden inklusive
Der Bürgerentscheid birgt politischen Sprengstoff. Mitten im Bundestagswahlkampf werden die Parteien die Diskussion auch gnadenlos nutzen, um sich zu positionieren: die Grünen für ihr lange vernachlässigtes Thema Umwelt, die FDP für die wirtschaftlichen Interessen Gewerbetreibender, die AfD für mehr direkte Bürgermitbestimmung. Die in Sachen Blaue Lagune unentschiedene Trierer CDU hat's besonders schwer: Unterstützt sie Bürgerbegehren und Tankstelle, positioniert sie sich klar gegen ihren grünen Bündnispartner und gegen ihr Zugpferd, den hochgelobten CDU-Baudezernenten Andreas Ludwig, der vehement gegen die Tankstelle mitten im innerstädtischen Grüngürtel ist. Die SPD lehnt sich - angesichts des möglichen schwarz-grünen Bündnisproblems - entspannt zu rück und hält sich einfach mal offen, ihre Meinung bei "neuen Argumenten" zu ändern. Auf die Kollateralschäden von Triers erstem Bürgerbegehren darf man da gespannt sein. c.wolff@volksfreund.de

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