Bürgernähe als oberstes Gebot

TARFORST. Trierer Platt spricht sie zwar nicht, aber sie ist Lokalpatriotin durch und durch, wenn es um Trier und um ihre Wahlheimat Tarforst geht. "Seit 1989 bin ich Tarforsterin", sagt Ingeborg Friedrich, und ein wenig Stolz schwingt mit. Denn die politisch überaus aktive Rentnerin hat sich seither für das Wohl der Tarforster Bürger eingesetzt und dafür, dass der Höhenstadtteil noch lebenswerter wird.

Zur Ruhe gesetzt hat sich Ingeborg Friedrich 1995. Aber nur beruflich. Ihre 30 Jahre lang ausgeübte Arbeit als Verwaltungsangestellte in der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gastronomie hängte sie an den Nagel, politisch startete sie dann aber erst richtig durch. In die SPD trat sie bereits 1973 ein, ihr Vater war in der SPD, da sei sie quasi in die Mitgliedschaft hineingewachsen. Damals lebte sie in Kürenz, lernte das politische Geschäft "von der Pike auf" im Kürenzer SPD-Ortsverein.Plakate geklebt, Unterschriften gesammelt

"Ich habe an der Basis angefangen mitzuarbeiten, habe Plakate geklebt und Unterschriften gesammelt", berichtet die 71-Jährige. Die Probleme des Stadtteils seien damals ähnlich denen der heutigen Zeit gewesen: "Es gab viel Verkehr. Die französischen Panzer rollten durch den Stadtteil, es ging um Lärm, und die Bahn hat damals noch viel Dreck und Ruß aufgewirbelt." Zwischen 1984 und 1989 vertrat Ingeborg Friedrich dann die Bürger für fünf Jahre im Ortsbeirat. Das gewonnene Bürgervertrauen hatte sie sich von der Basis aus erarbeitet. "In Tarforst habe ich dann 1989 wieder ganz von unten angefangen." Die Vertreter des Stadtteils hatte sie auf Parteitagen kennen gelernt, aber ansonsten betrat sie Neuland auf der Höhe. "Man muss erst alles und alle kennen lernen, bekannt werden." Diese Vertrauensarbeit absolvierte die Neu-Tarforsterin, sie sei gut aufgenommen und akzeptiert worden, "das ging alles ganz reibungslos". Nach ihrer Wahl in den Ortsbeirat 1995 wurde 1996 der Ortsvorsteher-Posten unvorhergesehen frei, eine Nachwahl nötig. Ingeborg Friedrich machte ebenso unvorhergesehen das Rennen. "Das war für Tarforst und die CDU, glaube ich, ein Schock." Als Frau und SPD-Mitglied habe sie doppelt beweisen müssen, dass sie das Amt zu Recht inne hatte. "Bei den ersten Sitzungen war immer volles Haus. Alle wollten wissen, ,wie macht sie sich denn?'. Ich habe mich extrem gut auf die Sitzungen vorbereitet, hatte super Unterstützung von Parteikollegen und anderen Ortsbeiratsmitgliedern", erinnert sich die Kommunalpolitikerin. Ein "bitterer Moment" und "ein Schock" sei es gewesen, als sie die Wiederwahl 1999 mit einem Unterschied von nur vier Stimmen knapp verpasste. Da sie aber für die Sache und den Stadtteil einstand, arbeitete sie politisch weiter. Im Jahr 2000 übernahm sie einen Sitz im Stadtrat. "Gravierende Themen" seien die Arena Trier und die Landesgartenschau gewesen. "Man soll wissen, wann man aufhören sollte"

"Man soll wissen, wann man aufhören sollte", sagt Ingeborg Friedrich, "und jungen Leuten Platz machen." Dieser Zeitpunkt war 2004 für Stadträtin Friedrich gekommen. "Die Fraktionssitzungen an jedem Montag haben mir schon sehr gefehlt." Doch von Ruhestand ist bei der 71-Jährigen nichts zu spüren. "So ganz aufhören - das gab es nicht." Im Stadtrechtsausschuss arbeitet sie mit und ist stellvertretende Ortsvorsteherin in Tarforst. Sie ist die für Tarforst zuständige Senioren-Vertrauensfrau, singt im Stadtteilchor "chorWerk Trier-Nord", geht schwimmen, zur Gymnastik, klappert die Mosel mit dem Fahrrad ab und kümmert sich um Labrador-Hündin Sira. Zum 70. Geburtstag ließ sich die bürgernahe Aktivistin nur Geldgeschenke machen, die sie in neues Spielgerät investierte und stiftete einen Nussbaum. Eltern wurden aktiv, Straßenfeste veranstaltet, und auch der Ortsbeirat gab eine Finanzspritze. "Es ist echt toll, was wir hier auf die Beine gestellt haben", freut sich Ingeborg Friedrich über ganz greifbare Erfolge ihres politischen Einsatzes.

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