Chamäleon unter den Krankheiten

TRIER. "Zäher Schleim" - die Übersetzung aus dem Griechischen beschreibt das Krankheitsbild der Mukoviszidose-Patienten recht genau. Deutschlandweit leben rund 8000 Menschen mit der genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung. Im Trierer Mutterhaus werden zur Zeit 45 Patienten betreut.

 Zusammen mit ihrer Physiotherapeutin Barbara Knies macht Meike Winter spezielle Übungen für Mukoviszidose-Kranke.Foto: Melanie Wollscheid

Zusammen mit ihrer Physiotherapeutin Barbara Knies macht Meike Winter spezielle Übungen für Mukoviszidose-Kranke.Foto: Melanie Wollscheid

Das monotone Brummen des Inhalationsgerätes erfüllt den Raum der Villa Kunterbunt. Ein Geräusch, das Meike Winter kaum noch beachtet. Ein- bis zweimal täglich muss sie die Kochsalzlösung sowie ein Medikament inhalieren, um den Schleim, der sich in Atemwegen und Verdauungstrakt festsetzt, zu verflüssigen. Das regelmäßige Einatmen ist für die Dreizehnjährige lebensnotwendig. Denn bis heute ist die Mukoviszidose zwar therapier-, aber nicht heilbar. Gefahr von Gendefekt liegt bei 1:3000

In einem von 3000 Fällen tritt die Krankheit auf. Der auslösende Gendefekt kann an verschiedenen Orten liegen, was die molekulargenetische Lokalisierung nicht immer einfach macht. Meist handelt es sich jedoch um den so genannten Delta-F-508-Defekt, der die Durchdringung der Zellmembran beeinträchtigt. Salz- und Wassertransport in den Körperzellen sind gestört. Hinzu kommt die Bildung eines Sekretes, das sich vorwiegend in Lunge, Leber oder Bauchspeicheldrüse festsetzt und dort Umbauvorgänge des Gewebes in Gang setzt. Chronische Entzündungen der Nebenhöhlen, Bronchitis, Lungenentzündung und Verdauungsstörungen sind oft die Folge. Bei Komplikationen kann es zu Lungenblutungen, Darmverschluss oder einer irreversiblen Herzerkrankung kommen. Die Mukoviszidose-Therapie basiert auf verschiedenen Säulen. An erster Stelle steht die konsequente Infektbekämpfung. Die für gesunde Menschen meist harmlosen bakteriellen Erkrankungen können die Mukoviszidose verschlimmern. Um den Körper nicht unnötig zu belasten und Resistenzentwicklungen vorzubeugen, behandelt man mittlerweile gezielt antibiotisch. Medikamentenfreie Phasen gibt es im Leben der Betroffenen nicht. Ist die Bauchspeicheldrüse betroffen, müssen ständig Pankreas-Enzyme und die fettlöslichen Vitamine (A,D,E,K) gegeben werden. Da die Nährstoffausbeute im Falle einer Mukoviszidose geringer ist, müssen sich die Patienten hochkalorisch ernähren. Oft fehlt jedoch der Appetit. Die mehrmals täglich zu absolvierenden physiotherapeutischen Übungen und das Inhalieren verlangen ein gutes Zeitmanagement, von dem nicht nur die Patienten, sondern auch deren Umfeld betroffen ist. Dennoch ist es wichtig, soviel Alltag wie möglich zu gewährleisten. Meike besucht zum Beispiel eine ganz normale Realschule. Auch Sport ist für Mukoviszidose-Kranke wichtig. "Eine Kombination aus Kraft- und Konditionstraining ist sinnvoll, da so das Lungenvolumen gestärkt wird", erklärt Stefan Weis, Oberarzt der Kinderabteilung im Mutterhaus. "In Würzburg werden sogar individuelle Trainingspläne für Muko-Patienten erstellt." Das Mutterhaus hat zwar seit einigen Jahren eine zertifizierte Mukoviszidose-Ambulanz, doch hier liegt der Schwerpunkt auf der allgemeinen Versorgung wie Diätberatung, psychosoziale Betreuung oder Physiotherapie. Unterstützt wird die Ambulanz von der Regionalgruppe Trier-Saarburg der Mukoviszidose e.V. (Telefon 06588/95130; Spendenkonto 4418323, Sparkasse Trier). Seit zwölf Jahren tragen die 50 Mitglieder dazu bei, dass notwendige Stellen wie die einer mobilen Physiotherapeutin finanziert werden können. "Ohne die Spenden wären solche Institutionen nicht dauerhaft realisierbar", stellt Stefan Weis fest. Neben den Therapien ist vor allem die soziale Komponente wichtig. Denn die Gefahr der Keime bleibt ständig im Hinterkopf. "Wir würden gerne zusammen Unternehmungen machen, aber die Kinder müssen wegen des Keimspektrums leider außen vor bleiben", bedauert Gabi Holstein, selbst Mutter einer Mukovisidose-kranken Tochter.

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