Chinesische Töne statt Trierer Platt

TRIER. Die Moselmetropole nähert sich dem Reich der Mitte an: Dank gelockerter Ausreisebeschränkungen für Touristen aus der Volksrepublik rechnet auch die Stadt Trier mit deutlich wachsenden Besucherzahlen. In Kooperation mit verschiedenen Institutionen erarbeitet die Tourist-Information Trier (TIT) speziell auf die Chinesen zugeschnittene Angebote.

Chinesische Besucher, die meist eiligen Schrittes durch dieFußgängerzone laufen, gehören fest zum Trierer Stadtbild. 15 000Übernachtungen dieser Nationalität registrierte dieTourist-Information Trier im Jahr 2000. 2001 waren es bereits 20000, noch mehr verweilten im vergangenen Jahr in der Römerstadt.Hans-Albert Becker, Geschäftsführer der TIT, weiß: "In denvergangenen drei Jahren haben wir Steigerungen im zweistelligenProzentbereich erlebt, was die Übernachtungszahlen unsererchinesischen Besucher angeht. Und damit ist noch lange nicht dasEnde der Fahnenstange erreicht: Neben vielen weitereneuropäischen Städten stellen auch wir uns auf einen regelrechtenBoom in den kommenden Jahren ein." Gelockerte Bedingungen

Der Hintergrund: Über Jahrzehnte war es hauptsächlich "Offiziellen" möglich, aus China auszureisen. Die Ausreise für Privatleute war an strenge Beschränkungen geknüpft. Seit vergangenem Jahr gehört Deutschland, Chinas stärkster Wirtschaftspartner innerhalb Europas, zu den so genannten ADS-Destinationen. Diesen Ländern billigt die Volksrepublik einen besonderen Status zu (Approved Destination Status), erklärt sie als "sicheres" Reiseziel. Initiiert haben dies das deutsche Wirtschaftsministerium und die chinesische Tourismusbehörde. Seit 15. Februar ist das Abkommen in Kraft.

Nach Erkenntnissen der Touristikzentrale in Hamburg buchen die Chinesen eine Reise quer durch Europa. Ihre Stationen entlocken Europäern ein Schmunzeln: Amsterdam, Trier, Paris, München und Italien. Auch die Interessen entbehren nicht eines gewissen Unterhaltungswertes: Oberste Priorität während ihres Aufenthalts haben ein Besuch im Rotlichtviertel, in einem Casino sowie an dritter Stelle im Trierer Karl-Marx-Haus. Letztgenanntes erstürmen die Touristen offenbar im Sauseschritt. "Einer unserer Praktikanten hat vor kurzem chinesische Besuchergruppen begleitet. Die zieht es von der Tourist-Information schnurstraks zum Karl-Marx-Haus. Selbst den Weihnachtsmarkt haben sie unbeachtet links liegen lassen", berichtet Becker schmunzelnd.

Nach dem Besuch des Karl-Marx-Hauses hätten die Chinesen nur ein Bedürfnis: Sie möchten essen gehen. Allerdings nicht typisch Deutsch oder gar "Trierisch". Becker: "Chinesen kann man keinen größeren Gefallen tun, als ihnen im Ausland ihre Küche anzubieten." Dies hat dem TIT-Geschäftsführer vor allem auch eine ehemalige Mitarbeiterin versichert, die seit vielen Jahren in China lebt. "Durch diesen Kontakt haben wir wertvolle Informationen über die Vorlieben der Chinesen bekommen."

So spielt das Thema Einkaufen eine wichtige Rolle für die Asiaten. Hochwertige Produkte wie Schweizer Uhren, Marken-Geschirr und -Besteck sowie teure Kleidung haben sie im Visier. "Deshalb ist es wichtig, dass der Einzelhandel sich darauf einstellt und wir den Chinesen zeigen, dass sie das alles nicht nur in Paris, sondern auch in Trier bekommen", erläutert Becker. Gemeinsam mit der City-Initiative werde beispielsweise darüber nachgedacht, in entsprechenden Geschäften Aushilfen einzustellen, die Chinesisch sprechen. Mit den Hoteliers der Stadt will Becker ebenfalls sprechen und überlegen, wie sie besser auf diese Zielgruppe eingehen können. Auch die Tourist-Information ist aktiv: Ein Reiseführer in Chinesisch erscheint voraussichtlich Ende April.

Zudem möchte Becker noch in diesem Frühjahr damit beginnen, Stadtführungen mit Chinesen anzubieten. "Wir sind über den Fachbereich Sinologie an der Uni bereits mit Interessenten ins Gespräch gekommen. Die sollen nach einer Kompakt-Schulung eine geänderte, speziell auf die Bedürfnisse ihrer Landsleute zugeschnittene Führung anbieten. Wir denken auch über eine zusätzliche Führung im Karl-Marx-Haus nach und darüber, wie man die Ausstellung interessanter gestalten könnte."

Unterstützung durch Sinologen

Die Trierer Sinologen waren auch dabei behilflich, einige elementare Redewendungen - wie "Herzlich willkommen in Trier" oder "Dies ist die Tourist-Information Trier" - zu übersetzen. Eine Vitrine an der Außenwand der TIT ist seit kurzem für die asiatischen Besucher reserviert, in der TIT können sie seit wenigen Tagen Karl-Marx-Büsten kaufen.

Mit großen Reiseveranstaltern, die in China aktiv sind, soll grenzüberschreitend intensiver zusammengearbeitet werden. "Ziel ist, den Chinesen für ihren mehrtägigen Aufenthalt in Europa Pakete zu schnüren, von denen alle Städte profitieren." Für die Station Trier hofft der TIT-Chef: "Die Chinesen sollen mitnehmen, dass Trier eine breite Palette an Attraktionen und tolle Einkaufsmöglichkeiten bietet."

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