"Dann schießen Sie doch"

TRIER. Weil sie Ende August einen Tabakladen in der Paulinstraße überfallen haben, hat das Trierer Landgericht drei 19 bis 23 Jahre alte Männer zu Gefängnisstrafen verurteilt. "Eine schwer kriminelle Schnapsidee", kommentierte Chef-Richter Rolf Gabelmann die Tat.

Den 23. August vergangenen Jahres wird ein 58-jähriger Trierer Geschäftsinhaber wohl den Rest seines Lebens in unangenehmer Erinnerung behalten. Es ist Montagnachmittag kurz nach vier Uhr, als zwei junge Männer seinen Laden betreten. Der eine hält ihm eine Pistole vor die Nase, der andere eine Plastiktüte hin: "Raus mit dem Geld!" "Von mir gibt's kein Geld", antwortet der Ladenbesitzer mit einer Bestimmtheit, die die beiden Räuber wohl ein erstes Mal am Erfolg ihres Überfalls zweifeln lässt. "Geld her oder ich schieße", erhöht Benjamin F. den verbalen Druck. Doch erneut bleibt der Geschäftsinhaber cool und höflich: "Dann schießen Sie doch." Mit so viel Widerstand haben die beiden Gangster offenkundig nicht gerechnet. Der maskierte Tütenträger Adam R. bläst als Erster zum Rückzug, der unmaskierte Pistolenmann folgt auf dem Fuß. Gemeinsam mit dem vor der Ladentür Schmiere stehenden Raphael L. sucht das erfolglose Räuber-Duo das Weite. Und wird nur wenig später von der Polizei geschnappt. Seitdem sitzt das Trio in Untersuchungshaft. Wie man in einer solchen Extrem-Situation denn so gelassen reagieren könne, fragt Vorsitzender Richter Rolf Gabelmann den Ladenbesitzer. "Ach wissen Sie", sagt der 58-jährige Zeuge, "ich muss mein Geld hart erarbeiten, stehe von morgens bis abends im Geschäft. Und dann kommen da einfach zwei daher und wollen mein Geld haben. Das ist doch eine Frechheit." Natürlich sei er erschrocken gewesen angesichts der (sich später als Schreckschusspistole herausstellenden) Waffe, "aber ich war auch wütend". Sein beherztes Auftreten - reiner Instinkt.Schulabbruch, Drogen, Knast, Straße

"Der Mann hat mir imponiert", meint Gabelmann später bei der Urteilsverkündung. Minuten zuvor hat die Erste Große Jugendkammer die drei Angeklagte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Je zweieinhalb Jahre hinter Gitter müssen Pistolenmann Benjamin F. (19) und Maskenträger Adam R. (19), sogar dreieinhalb Jahre aufgebrummt bekam der nach Erwachsenenstrafrecht verurteilte Schmierensteher Raphael L. (23). Das Räuber-Trio hatte zu Beginn der Verhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt. Motiv des Überfalls: chronischer Geldmangel. "Ich hatte gerade mal noch zwei Cent in der Tasche", meinte einer der Angeklagten. Größtenteils gemeinsam haben die drei auch ihre verkorksten Lebensläufe: zerrüttetes Elternhaus, Schulabbruch, Drogen, Knast, Straße. Der 23-jährige Raphael L. hat knapp ein Viertel seines Lebens im Knast verbracht. "Das ist hammerhart, ich weiß", sagt er.

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