Das Bohren dicker Bretter

TRIER. Als die Großraumhalle "Arena Trier" im Juni eröffnet wurde, galt sie auch in Sachen Behindertenfreundlichkeit als vorbildlich. Vor allem Rollstuhlfahrer lobten die gute Ausstattung. Doch nun melden sich Hör- und Sehbehinderte zu Wort und mahnen die Beseitigung von Mängeln an.

 Auf der Suche nach dem Leitsystem: Albert Schtschepik ertastet den Noppenbelag vor der Arena Trier.Foto: Hans Krämer

Auf der Suche nach dem Leitsystem: Albert Schtschepik ertastet den Noppenbelag vor der Arena Trier.Foto: Hans Krämer

Der Kronzeuge hätte nicht besser gewählt sein können: Ausgerechnet der Club Aktiv, Triers Vorzeige-Projekt in der Behindertenarbeit, stellte der Arena ein gutes Zeugnis in Sachen "Barrierefreiheit" aus. Kein Wunder, hatten die Verantwortlichen der Stadt den Club doch in die Planung und Gestaltung des Hallenbaus eingebunden. Andere hatten nicht so viel Glück: Auch das "Trierer Behindertenforum" brachte frühzeitig Vorschläge ein, fand aber weniger Gehör. Am 17. Juli 2002 schrieb man an Sportdezernent Georg Bernarding und mahnte unter anderem ein Leitsystem für Blinde und Sehbehinderte sowie die Verlegung von Funkschleifen für Menschen mit geringem Hörvermögen an. Bernarding schrieb zwei Monate später zurück und sicherte zu, man werde eine "Induktionsschleife" für Mikro-Anlagen Hörgeschädigter verlegen und mit dem Club Aktiv auch das "Leitsystem konkretisieren". Doch bei der Eröffnung war von den Zusagen nicht viel übrig geblieben. Für Rollstuhlfahrer sei die Arena "nahezu perfekt ausgestattet", befand etwa Vanessa Agne von der "Vereinigung zur Förderung Hörgeschädigter", aber "leider wurden wir vergessen". Kritik kommt auch vom blinden Albert Schtschepik: Zwar habe man im Außenbereich der Halle ein Noppen-Leitsystem für Sehbehinderte vorgesehen, aber dieses ende "an der Tür, und drinnen gibt es nichts". Im Ernstfall sei "völlig unklar, wie ein Blinder die Fluchtwege finden soll". Die Hoffnung, man könne die Funk-Schleifen im Hallenboden nachträglich verlegen, weil ohnehin Reparaturarbeiten durchgeführt werden mussten, erwies sich als trügerisch. Das sei "unter den gegebenen Umständen nicht möglich", teilte Bürgermeister Bernarding mit, weil der vorhandene Belag "lediglich um einige Millimeter abgefräst" werde. Hallen-Manager Wolfgang Esser hält das System, das den Ton aus der Halle per Funk auf die Hörgeräte übertragen soll, ohnehin für Arena-untauglich. Es sei "nicht praktikabel", weil der permanente Umbau der benutzten Flächen, das Aus- und Einziehen der Tribünen der Nutzung von Boden-Schleifen im Weg stehe. Dennoch habe man die Problematik "nicht vergessen". Zurzeit werde die Installation von Sendern, die über die Halle verteilt werden sollen, erwogen. Für diese Option müssten aber zunächst "die Abstrahlungen überprüft werden". Auch in Sachen Leitsystem für Sehbehinderte sieht Esser durchaus noch Handlungsbedarf. Die bestehende Verbindung von der Bushaltestelle in die Halle wird ausgebaut. Dabei aber auch die Parkplätze einzubeziehen, wie vom Behindertenforum angeregt, hält er nicht für sinnvoll. Und findet damit auch die Zustimmung von Albert Schtschepik: "Blinde fahren eher selten ein Auto", kommentiert der Mann mit dem weißen Stock humorvoll. Für ein Leitsystem innerhalb der Arena hat Schtschepik schon eine Idee: eine Markierung mit Teppichfliesen sei denkbar. Über Vorschläge dieser Art werde man "nachdenken", versichert Bürgermeister Bernarding. Das Thema Hör- und Sehbehinderte sei "keinesfalls abgehakt". Die Stadt als Bauherr habe sich zur Aufgabe gemacht, "auf behindertengerechte Ausführung zu achten". Aber das bedeute "das Bohren dicker Bretter" und brauche "seine Zeit".

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