Das Comeback des verlorenen großen Sohns

Der verlorene große Sohn kehrt zurück: Die Trierer Bemühungen, die Gebeine von Karl Marx (1818-1883) aus dem Londoner Exil "heimzuholen", haben gute Erfolgsaussichten. Heute berät ein Experten-Team öffentlich darüber, wo das "Marxoleum" errichtet werden und wie es aussehen soll.

 Es kann nur besser werden: Wenig angemessen präsentiert sich die Grabstätte von Karl Marx in London. Das soll sich in Trier ändern. Foto: TV-Archiv/Erwin Esly

Es kann nur besser werden: Wenig angemessen präsentiert sich die Grabstätte von Karl Marx in London. Das soll sich in Trier ändern. Foto: TV-Archiv/Erwin Esly

London/Trier. Was lange währt, scheint endlich gut zu werden. Schon seit Jahren versuchen die Trierer Stadtväter, Karl Marx "heimzuholen". Bislang vergeblich. Der berühmteste Sohn der ältesten Stadt Deutschlands ist auf dem Londoner Highgate Cemetery beigesetzt. Die privaten Betreiber des historischen Friedhofs haben stets abgewunken, wenn Anfragen zwecks Umbettung nach Trier kamen. Jetzt die überraschende Wende: "Ihr könnt ihn haben!", verlautet aus London. Der Sinneswandel hat finanzielle Gründe: Die aus Trier gebotene Ablösesumme hat den von explodierenden Betriebskosten gebeutelten Betreiberverein erweicht."Investition in unser Kapital"

Wie viel Geld sich die Stadt die Rückruf-Aktion kosten lässt, will OB Klaus Jensen nicht verraten. Es stünden noch Gespräche mit der Aufsichtsbehörde ADD aus. Weil man eine Mischfinanzierung aus öffentlichen Mittel und Sponsoren-Geldern (u. a. Modehaus Marx, Gregor-Gysi-Stiftung) anstrebe, sieht das Stadtoberhaupt aber "keinen Hinderungsgrund. Es handelt sich ja um eine rentierliche Maßnahme. Wir investieren schließlich in unser Kapital."Mit dem als Museum dienenden Geburtshaus in der Brückenstraße verfügt Trier bereits über einen Anziehungspunkt für interessiertes Publikum (darunter tausende Chinesen jährlich). Die Grabstätte des Sozialismus-Vordenkers "macht unseren Standortfaktor Marx komplett. Wir können also mit einem Top-Premium-Alleinstellungs-Merkmal allererster Güte auftrumpfen", betont Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink, der bereits mit Hochdruck am Konzept zur Ausstellung "200 Jahre Karl Marx" arbeitet, die 2018 in Trier stattfinden soll. Während die Details und der Zeitpunkt der Überführung noch zu klären sind, steht für Triers Stadtväter fest: "Karl Marx soll eine würdige ,Letzte-Ruhe-Stätte' erhalten."Marxoleum: Ergebnisse werden öffentlich vorgestellt

Im Gespräch ist ein sogenanntes Marxoleum, ein öffentlich zugänglicher, überdachter und begehbarer Grab-Bau. Über Aussehen und Standort berät eine interdisziplinäre Expertenrunde heute Vormittag im Rathaus. Die Ergebnisse aus sechs Workshops (Themen unter anderem: "Marxoleum auf dem Höhenfriedhof?", "Europaweite Ausschreibung oder freihändige Vergabe?" und "Wie sich Murks bei Marx vermeiden lässt") werden um 11.30 Uhr im öffentlichen Teil der Veranstaltung im großen Rathaussaal (Augustinerhof) vorgestellt. Es moderiert OB Jensen. Die Bevölkerung ist herzlich eingeladen. Eintritt ist frei.Eine Meldung des Internet-Magazins "viertelnach.de", wonach das Marxoleum auf dem Franzensknüppchen (Petrisberg) errichtet werden soll, bezeichnet Jensen als "völligen Quatsch. Es gibt noch keine Entscheidung".Offenbar soll der Grab-Bau mit Landes-Unterstützung finanziert werden. Nach TV-Informationen will die Stadt ihren eigenen Anteil durch einen Verzicht auf die erst kürzlich beschlossene Erneuerung der Aulstraßen-Brücke aufbringen. Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani favorisiert offenbar einen privaten Neubau; für die Benutzung der Brücke müssten Kraftfahrer Mautgebühren zahlen. Stimmen Was halten Trierer Politiker vom "Marx-Comeback"Bertrand Adams (CDU-Fraktionsvorsitzender): Wir haben keine Probleme mit Marx. Wir stellen ja auch die Mariahofer Ortsvorsteherin, die heißt ebenfalls Marx. Außerdem behalten wir uns vor, die Umbenennung der Brückenstraße in Karl-Marx-Straße zu beantragen. Friedel Jaeger (SPD-Fraktionschef): Aufgrund unserer guten Beziehungen zur SPD-Landesregierung kann ich schon jetzt sagen: Mainz lässt Trier nicht im Stich, wenn es darum geht, einen prominenten Rheinland-Pfälzer zurückzuholen. Ich rechne mit einer Bedarfszuweisung in nicht unerheblicher Größenordnung. Manfred Maximini (UBM-Fraktionschef): Da will sich offenbar jemand mit fremden Federn schmücken. Ich habe bereits 1994 die Umbettung von Marx nach Trier gefordert. Aber wie so oft ist auch dieser bürgerfreundliche Antrag der UBM im Rathaus stiefmütterlich behandelt worden. Uschi Britz (Bündnis 90/Die Grünen): Ist ja mal wieder typisch. Plötzlich sind alle für Karl Marx - aber keiner macht sich Gedanken, was aus seiner Frau wird. Wir können dem Ganzen nur zustimmen, wenn auch das Grab von Jenny Marx nach Trier kommt. Karl-Josef Gilles (FDP-Fraktion): Klarer Fall: Das Marxoleum muss in Filsch errichtet werden oder auf dem Höhenfriedhof. Das wäre ein kleiner Ausgleich für nicht eingehaltene Versprechen aus den Eingemeindungsverträgen von 1969. Bernhard Kaster (Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender CDU Trier): Ich setze mich für eine Förderung der Umsetzung der Trierer Marx-Pläne mit Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) für "National wertvolle Kulturdenkmäler"ein. Ich gehe von einem Zuschuss in Höhe von vier Millionen Euro aus.

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