Das Ende einer Achterbahnfahrt

Trier · Die neue Trierer Karl-Berg-Musikschule wird am kommenden Wochenende eröffnet. Mit dem Abschluss des ersten Bauabschnitts des Millionen-Projekts geht eine mehr als 15-jährige Achterbahnfahrt für die städtische Bildungseinrichtung zu Ende.

Endgültig fertig geschnürt ist das Gesamt-Paket mit einem Kostenvolumen von 1,5 Millionen Euro zwar erst 2011. Dann soll die schön gelegene ehemalige Paulin-Grundschule im Trierer Norden über 22 schallgedämmte, zweckmäßig ausgestattete Proberäume verfügen. Aber schon nach den Herbstferien zieht mit der Fertigstellung des umfangreichsten Bauabschnitts der Großteil des Schulbetriebs am neuen Standort ein.

Es dürfte nicht viele geben, die seit Mitte der 90er Jahre zu jedem Zeitpunkt an dieses Happy-End geglaubt haben. Zu oft stand es Spitz auf Knopf um die städtische Musikschule. Von einem räumlichen Provisorium ging es ins nächste, die Leitung war über Jahre vakant, die Geschäftsstelle wechselte, der Unterricht fand über die ganze Stadt verteilt statt, teilweise in erbärmlichen Gebäuden.

Mal wurde über die Fusion mit dem Kreis nachgedacht, mal über eine Privatisierung. Unzufriedene Eltern starteten Initiativen, die Politik sicherte verbal ihre Unterstützung zu, tat sich aber schwer, wenn es um konkrete Zahlen ging. Ein halbes Dutzend Standorte wurde ins Gespräch gebracht - und verschwand wieder von der Bildfläche.

´Mehr als doppelt so viele Schüler wie zuvor



Erst als die Musikschule mit der Volkshochschule unter ein gemeinsames Dach kam, stabilisierte sich die Lage. Bildungszentrums-Chef Rudolf Hahn und Musikschul-Leiterin Pia Langer verdoppelten die Zahl der Schüler auf mehr als 800, steigerten zugunsten des Stadtsäckels den Eigenanteil bei den Einnahmen und weiteten das Angebot kontinuierlich aus. Längst kann man in Trier an der öffentlichen Musikschule nicht nur Klassik, sondern auch Jazz, Rock und Musical lernen. Dazu kommen umfangreiche soziale Initiativen in den Schulen. Die erfolgreiche Arbeit schaffte den nötigen Druck im Kessel, um die Stadt trotz aller Finanznöte bei der Stange zu halten. Und als sich 2004 die Frage stellte, was mit dem im städtischen Eigentum befindlichen, aber durch Umzug frei gewordenen Gebäude der katholischen Paulin-Grundschule passieren sollte, griff Kulturdezernent und Musikschul-Fan Ulrich Holkenbrink - selbst ein passionierter Geigenspieler - kurzentschlossen zu.

Aber selbst danach wäre der längst beschlossene Umzug womöglich noch an der Haushaltslage gescheitert, hätte das Land nicht die Hälfte der Kosten übernommen und damit vollendete Tatsachen geschaffen. Das war im Frühsommer 2008, und seither wurde heftig geplant, saniert, umgebaut - und die ambitionierten Terminpläne scheinen sich zu realisieren. Ebenso wie der Traum vom eigenen Musikschul-Gebäude in der fast parkähnlichen Anlage in der Paulinstraße 42. Entsprechend festlich soll der Startschuss am Sonntag, 25. Oktober, von 11 bis 16 Uhr ausfallen. "Collegium musicum" und Harfenkonzert, Talkrunden mit TV-Redakteur Martin Möller und Vertretern von Stadt und Land, musikalisch geführte Rundgänge, ein offenes Singen mit Agnes Kraemer, der Tochter von Musikschul-Gründer und -Namensgeber Karl Berg: Das Programm ist reichhaltig, Überraschungen inklusive.

Meinung

In guten Händen

Der Umbau der Paulinschule zu einem neuen, nutzungsgerechten Domizil für die städtische Musikschule ist ein gutes Beispiel dafür, wie man auch in schwierigen Zeiten Akzente setzt. Es geht nicht um Luxus, sondern um die Chance für viele Trierer Kinder und Jugendliche, zu sozialverträglichen Bedingungen ein Instrument zu lernen und sich diese für ihre Entwicklung wichtige Fertigkeit anzueignen. Die Macher der Musikschule haben unter schwierigsten Bedingungen bewiesen, dass sie Vertrauen verdienen - sie haben nicht gejammert, sondern gehandelt. Bei ihnen ist diese beachtliche Bildungs-Investition in guten Händen. Die neue Karl-Berg-Musikschule setzt auch einen versöhnlichen Schlusspunkt hinter die nicht immer glückliche Amtszeit des Schul- und Kulturdezernenten Ulrich Holkenbrink. In Sachen Musikschule hat er, unterstützt durch exzellente Mit- und Zuarbeiter, Kurs gehalten und sich letztlich durchgesetzt. Wäre das bei Schulentwicklung, Theatersanierung, Antikenfestspiele oder Kultur-Dachmarke ähnlich gelaufen, sähe bei der aktuellen Personaldebatte um den Stadtvorstand manches anders aus. d.lintz@volksfreund.de

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