Das Schweigen brechen

TRIER. (red) Anlässlich des 60. Jahrestages "Ende des Zweiten Weltkrieges" hatte der Frauennotruf Selim Caliskan als Vertreterin von "medica mondiale" eingeladen. Sie referierte zum Thema: Vergewaltigung von Mädchen und Frauen im Krieg.

"Frauen und Mädchen sind in Kriegen zusätzlichen Formen der Gewalt ausgesetzt. Dazu zählen Vergewaltigungen und andere Formen der sexualisierten Gewalt. Sie sind Bestandteil eines jeden Krieges weltweit und im Verständnis militärischer Gewaltausübung fest verankert", so Selim Caliskan von "medica mondiale" bei ihrem Vortrag im Frauennotruf. Die Organisation "medica mondiale" hat es sich zur Aufgabe gemacht, von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffene Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten ungeachtet ihrer politischen, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit zu unterstützen. In diesem Zusammenhang startete die Organisation im vergangenen Jahr die Kampagne "Es ist Zeit, zu sprechen". Den Hintergrund dieser Kampagne bildete die Beobachtung, dass auch 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der deutschen Kriegs- und Nachkriegszeit immer noch ein Thema ist, über das geschwiegen wird. Sehr viele Frauen seien im Zweiten Weltkrieg Opfer sexualisierter Gewalt geworden. "In Kriegssituationen", sagte Caliskan, "ist der weiblichen Bevölkerung das Bedrohungspotenzial bereits vorher klar: Sie wissen, dass es jederzeit passieren kann". Deutsche und nicht-deutsche Frauen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch alliierte Soldaten vergewaltigt worden seien, hätten sich oft als "Aussätzige" gefühlt - zutiefst gedemütigt und zerstört durch die Gewalt, zum Schweigen verurteilt innerhalb des eigenen Umfelds. "Medica mondiale" möchte diesen Frauen eine Stimme geben und sie darin unterstützen, das Erlittene zu verarbeiten und Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Die Aktivitäten der vergangenen Jahre haben dazu geführt, dass sich zurzeit vermehrt Frauen an "medica mondiale" wenden, die über ihre Gewalterfahrungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg berichten möchten. Um die Erlebnisse dieser Zeitzeuginnen auch nachkommenden Generationen zugänglich machen zu können, plant "medica mondiale" die Veröffentlichung von Interviews mit diesen Zeitzeuginnen. Frauen, die Interesse haben, über Erlebtes zu berichten und somit an dem Projekt mitzuarbeiten, können sich an den Trierer Notruf, Telefon 0651/49777 wenden.

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