Das Wetter hält sich nicht an den Kalender

Die "kalte Sophie" ist keine herzlose Frau. Sie ist die letzte der Eisheiligen, der Kälteperiode, die Mitte Mai Nachtfrostgefahr bringt. Der Trierische Volksfreund hat sich bei einem Meteorologen, einem Landwirt und einem Gärtner umgehört, was dran ist an der Bauernregel.

 Fleißige Lieschen sind bei Nachtfrösten besonders betroffen. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Fleißige Lieschen sind bei Nachtfrösten besonders betroffen. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Trier. (mehi) "Pankraz, Servaz, Bonifaz, machen erst dem Sommer Platz", heißt eine alte Bauernregel, "vor Bonifaz kein Sommer, nach der Sophie kein Frost", eine andere. Im Bauernkalender sind die Eisheiligen fest verankert. Zu ihnen zählen drei, in manchen Regionen auch vier oder fünf Namenstage von Heiligen. Sie beginnen am 11. Mai (Mamertius), über Pankratius (12. Mai), Servatius (13. Mai), Bonifatius (14. Mai) und enden am 15. Mai mit der "kalten Sophie".

Sie sind nach frühchristlichen Bischöfen und Märtyrern benannt, derer an diesen Maitagen gedacht wird. "Die Eisheiligen sind meteorologische Singularitäten, typische Wetterlagen, die es im späten Frühling bis Anfang Juni hinein gibt", erklärt Peter Schu (45) vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Es sind Kälte rückfälle, die bei typischen Hochdruckwetterlagen arktische Polarluft nach Mitteleuropa führen. Bedingungen sind ein klarer Himmel und Windstille. Dann sinken die Temperaturen am Boden durch die nächtliche Ausstrahlung. Allerdings, "so genau hält sich das Wetter nicht an den Kalender", sagt der Wetterdiensttechniker. Noch bis zu zwei Wochen danach besteht Bodenfrostgefahr. Das belegen die Minimalwerte der vergangenen Jahre deutlich. 2003 hat die Bodentemperatur am 16. Mai bei 0,2 Grad gelegen, am 1. Mai 2006 bei 0,2, am 24. Mai 2004 bei minus 0,1 und am 30. Mai 2007 bei 0,6 Grad - gefährlich für kälteempfindliche Pflanzen.

Pünktlich zu den Eisheiligen gab es 2005 eine Kälteperiode mit Temperaturen um den Gefrierpunkt und am 18. Mai mit minus 1,4 Grad sogar darunter. Nur 2008 sind die Eisheiligen ausgefallen. Die Zahlen belegten: "Kälteeinbrüche haben wir hier fast jedes Jahr." Möglich ist die Gefahr von Frösten laut Schu bis Ende Mai. Einen weiteren Kälteeinbruch - meist ohne Bodenfrost - gibt es häufig Mitte Juni: die "Schafskälte". "Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist."Früher hätten die Bauern sich an solche Sätze gehalten und die Aussaattermine von Pflanzen wie Bohnen, Gurken, Mais und Kartoffeln später gelegt, weiß Hans-Josef Greif (59). "Die Eisheiligen machen sich auch heute bemerkbar. Es kann sein, dass sie mal früher dran sind." Der Landwirt aus Zewen-Oberkirch: "Bei Temperaturen um null Grad decken wir die Erdbeeren ab." Gefährdet sind auch Tomaten und die zarten Blüten der Obst-, vor allem der Kirschbäume.

"Pflanze nie vor der kalten Sophie'" - ein Spruch, den erfahrene Gärtner beherzigen. Sie warten bis Mitte Mai, bis sie frostempfindliche Sämlingen aussäen und Sommerblumen wie Begonien, Fleißige Lieschen oder Weihrauch ins Freiland pflanzen. "Die Kälteeinbrüche sind eine Gefahr für Pflanzen, die frisch getopft sind oder gerade austreiben", weiß Uwe Bösen von der Baumschule Bösen. "Wir decken mit Vlies ab oder beregnen in den frühen Morgenstunden, kurz vor Sonnenaufgang." Der sieben Grad warme Sprühregen lege sich um die Pflanzen und schütze so vor Frost. Gefährdet seien auch die frischen Triebe von Nordmanntannen und Blaufichten in den Weihnachtsbaumkulturen. Für den Anfang der Woche sagt Schu keine Kältewelle voraus. Der DWD prognostiziert "bei wechselnder Bewölkung teils starke Schauer und Gewitter mit Hagel, Starkregen und Sturmböen bei Temperaturen zwischen zehn und 20 Grad.

Ob es im Laufe des Monats noch einmal Bodenfrost gibt, vermag der Fachmann nicht zu prognostizieren.Extra Die Eisheiligen: Mamertus (11. Mai) war im 5. Jahrhundert Bischof in Vienne, (Frankreich) und Patron der Ammen, der Hirten und der Feuerwehr. Pankratius (12. Mai) wurde im 4. Jahrhundert mit 14 in Rom hingerichtet. Er ist Patron der Erstkommunikanten und Kinder, der jungen Saat und Blüte. Servatius (13. Mai) war im 4. Jahrhundert Bischof in Tongern, Belgien. Er ist Stadtpatron von Maastricht, Goslar, Limburg, Quedlinburg sowie Patron der Lahmen, der Schlosser und der Tischler. Der Römer Bonifatius von Tarsus (14. Mai) starb im 4. Jahrhundert als Märtyrer in Tarsus. Sophia von Rom (15. Mai) wurde im 4. Jahrhundert hingerichtet. Sie ist Patronin gegen Spätfröste und für das Wachstum der Feldfrüchte. (mehi)

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