"Das sieht etwas blöd aus"

TRIER. Der OB-Wahlkampf in Trier hat noch nicht richtig begonnen, da schlägt er schon erste hohe Wellen. Im Mittelpunkt des Streits steht eine umstrittene Umfrage, die von der CDU in Auftrag gegeben wurde. Die Grünen vermuten eine rechtswidrige Verwendung von Fraktionsgeldern und fordern eine juristische Überprüfung.

Der Anruf kam am frühen Abend. Eine freundliche Stimme meldete sich bei Christian Möller und fragte, ob er bereit sei, einige Fragen zur Trierer Kommunalpolitik zu beantworten. Ein Auftraggeber wurde ihm nicht genannt. Möller, selbst bei den Grünen engagiert, beantwortete Fragen zum Südbad oder zum Moselaufstieg, bevor er hellhörig wurde, als es unvermittelt um den OB-Wahlkampf ging. Vor allem, als Fragen aufkamen nach den persönlichen Angelegenheiten des Bewerbers Klaus Jensen. Nach seinem später aufgezeichneten Gedächtnisprotokoll wurde etwa gefragt, ob er es für richtig halte, dass mit Jensen und seiner Frau, der Sozialministerin Malu Dreyer, zwei Ehepartner in höchsten öffentlichen Ämtern mit hohen Gehältern bezahlt würden. Im Gegenzug wurde in einer Frage nach der persönlichen Glaubwürdigkeit CDU-Bewerber Ulrich Holkenbrink als "Hans Dampf in allen Gassen" bezeichnet. Nicht nur Christian Möller wunderte sich über die Fragen, die er als suggestiv empfand. Etlichen Befragten kam die Sache merkwürdig vor. Einige fragten nach dem Auftraggeber - laut mehreren dem TV vorliegenden Aussagen wurde von den Interviewern explizit die CDU-Stadtratsfraktion benannt. Das verleiht dem Vorgang politische Brisanz. Denn Fraktionsgelder dürfen, wie die CDU seit der Affäre um eine Fußball-Broschüre der Landtagsfraktion weiß, nicht für Partei-Wahlkampf verwendet werden. Das gilt laut Parteiengesetz auch für Kommunalparlamente wie in Trier. Schon fordern die Grünen eine rechtliche Überprüfung, sprechen von einer "unfairen Wahlkampfaktion", auch, weil in der Fragestellung suggeriert werde, Jensen sei der Kandidat der SPD. CDU-Fraktionssprecher Thomas Albrecht hat dagegen eine andere Version der Geschichte anzubieten. Es gebe zwei unterschiedliche Umfragen, sagte er dem TV. Die eine sei von der CDU-Stadtratsfraktion in Auftrag gegeben und finanziert worden, sie beschäftige sich ausschließlich mit Sachthemen der Trierer Kommunalpolitik. Weil die Fraktion, anders als bei einer ähnlichen Umfrage vor drei Jahren, diesmal Wert auf wissenschaftlich repräsentative Ergebnisse gelegt habe, sei das Forschungsinstitut Dimap damit beauftragt worden. Parallel habe der Trierer CDU-Parteiverband eine eigene Umfrage zu OB-Wahlkampf-Themen bestellt, gleichfalls bei Dimap, aber auf getrennte Rechnung. Gab es zwei Umfragen in einem Aufwasch?

Bei den Telefon-Interviews wurde aber nach übereinstimmenden Aussagen ein einziger Querbeet-Fragenkatalog präsentiert, und die CDU als Partei tauchte als Auftraggeber gar nicht auf, sondern nur die Fraktion. "Das sieht im Nachhinein etwas blöd aus", räumt Albrecht, selbst Jurist, ein. Aber für die Partei-Umfrage, deren Wortlaut er nicht einmal kenne, seien "definitiv keine Fraktionsgelder verwandt worden". Die CDU macht offensichtlich indirekt Dimap für das Tohuwabohu verantwortlich. Doch Klaus Gotto von dem Bonner Meinungsforschungs-Institut gibt sich schweigsam. Man gebe "wie bei allen Umfragen aus geschäftlichen Gründen keine Auskünfte". Es sei denn, der Auftraggeber erteile ausdrücklich die Genehmigung. Aber die liege hier nicht vor. CDU-Parteichef Holkenbrink kann die Aufregung nicht verstehen. "Umfragen zur Image-Abfrage" gehörten "zum normalen Geschäft vor Wahlkämpfen". Über den Wortlaut der Fragen und die Zahl der Interviews gibt er keine Auskunft, schließlich sei die von der Partei in Auftrag gegebene Studie "nicht zur Veröffentlichung gedacht, sondern zur Erarbeitung einer internen Strategie". Kontrahent Jensen ist dagegen sauer, sieht er doch in der großflächigen Umfrage einen Versuch, "persönliche Ressentiments in den Wahlkampf zu bringen".

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