Dem Exhaus droht der Absturz: Wegen Verstößen gegen den Brandschutz beschränkt die Stadt Trier die Besucherzahl

Trier · Das Exzellenzhaus ist in Gefahr. Die Stadt Trier, Besitzerin des Gebäudes, hat die maximal zulässige Zuschauerzahl wegen Brandschutz- und Sicherheitsbedenken stark beschränkt. Das hat gravierende Auswirkungen auf den Veranstaltungskalender, der Betreiberverein befürchtet den wirtschaftlichen Absturz.

Dem Exhaus droht der Absturz: Wegen Verstößen gegen den Brandschutz beschränkt die Stadt Trier die Besucherzahl
Foto: (h_st )

Hilger Hoffmann ist seit 1979 im Exhaus dabei. Der langjährige Hausleiter gehört zum Kernteam, das aus einem verfallenen historischen Gebäude ein erfolgreiches freies Jugendkulturzentrum mit bis zu 100.000 Besuchern pro Jahr gemacht hat. Ein harter und steiniger Weg. Doch jetzt stehen Hoffmann und sein Stellvertreter Martin Schümmelfeder vor einem Problem, das die Attraktivität des Exhauses stark herabsetzt und möglicherweise seine Existenz bedroht.

"Das alles fiel plötzlich vom Himmel", sagt Hoffmann. Man sieht ihm Frust und Verdruss deutlich an. Die Stadt Trier als Besitzerin des Exhauses hat dem Verein Exzellenzhaus, der das Jugendkulturzentrum über einen Nutzervertrag selbstständig betreibt, strenge Auflagen gemacht. Hoffmann erläutert: "Die maximale Zuschauerzahl im Keller ist halbiert worden." Ins große Exil dürfen nur noch höchsten 200 Besucher, ins kleine Exil nur noch 50. Weiter oben sieht es noch schlimmer aus: Im Balkensaal wurde die Maximalzahl sogar gedrittelt, hier dürfen nur noch 100 Fans hinein.

Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Gebäude, das nach einer Phase des Verfalls in den 1950ern und 1960ern neu belebt wurde, erfüllt die aktuellen Brandschutz- und Sicherheitsbestimmungen nicht. Fluchtwege, die mitten über die Bühne oder über Spindeltreppen führen, Brandschutztüren aus Holz, eine marode Lüftungsanlage für den Keller - all diese Punkte verstoßen gegen die Regeln, die der Gesetzgeber festgelegt hat. Eine seit vielen Jahren bestehende Situation. Neu ist die plötzliche Initiative des Rathauses, die Gefahrenherde sofort zu beseitigen.

Die Stadt hat einen Trierer Architekten beauftragt, die notwendigen Bauarbeiten zu erfassen und ein Konzept zu erstellen. Die Wahl fiel auf Dominik Heinrich, Ortsvorsteher von Trier-Mitte/Gartenfeld und Mitglied der Grünen-Fraktion im Stadtrat. Heinrich bestätigt auf Anfrage die Information des TV: "Man hat mich gefragt, ob ich das machen will. Das habe ich mit Ja beantwortet." Welche Bauarbeiten insgesamt notwendig sein werden, könne man jetzt noch nicht absehen. Wann das Exhaus wieder mit voller Zuschauerkapazität arbeiten darf, ist demnach noch unklar. Ralf Frühauf vom Presseamt spricht für die Verwaltung: "Ziel der Stadt ist es, das Gebäude so zu ertüchtigen, dass die Brandschutzauflagen erfüllt und nach Möglichkeit der bisherige Nutzungsumfang wieder hergestellt werden."

Bis es soweit ist, drohen dem Nutzungsverein rote Zahlen. "Das Exhaus funktioniert auf der Basis einer Mischfinanzierung, die Stadt zahlt nicht alles allein", sagt Hilger Hoffmann. "Die Hälfte der Betriebskosten erwirtschaftet der Verein selbst." Doch die Beschränkung auf 200 Besucher im großen Exil mache viele Veranstaltungen unrentabel, vor allem die Techno-Partys. Die Veranstalter springen ab. "Das zweite Halbjahr wird wirtschaftlich eine reine Katastrophe", sagt Hoffmann. "Seit uns diese Beschränkung völlig überraschend getroffen hat, hab ich nächtelang nicht mehr geschlafen. Hätte die Stadt die Nutzung des Gebäudes komplett untersagt, hätten wir Insolvenz anmelden müssen."

Das Summerblast-Festival, einer der Höhepunkte des Veranstaltungskalenders, soll am 15. August wie geplant stattfinden, denn sein Schwerpunkt ist die Outdoor-Bühne im Innenhof des Exhauses. Hier gibt es keine Beschränkungen der Besucherzahl. 2014 kamen 2000 Fans.

Das traditionelle Festival Bunker bebt dagegen ist eine völlig andere Geschichte. Es findet immer innerhalb des Exhauses statt, um die 20 lokale und regionale Bands verteilen sich auf das große und kleine Exil sowie den Balkensaal. Im Januar kamen 750 Fans, 2014 waren es sogar 900. Sollten die aktuellen Beschränkungen im kommenden Januar noch gelten, würde der Bunker wohl nicht mehr beben, sondern allenfalls noch wackeln - mit maximal 350 Fans in allen drei Räumen.
Meinung


Fragwürdige Überfalltaktik

Von Jörg Pistorius

Jugendkultur ist ein Problemfeld in Trier. Der Club 11 ist dicht, die Grüne Rakete ebenfalls. Das Exhaus gehört ebenso wie das Jugendzentrum Mergener Hof zu den wenigen Bühnen für Partys und Live-Musik, die ein junges Publikum anziehen und regionalen Musikern eine Plattform bieten. Diese sensible Szene gerät in Gefahr, ausgelöst durch ein behördliches Schreckgespenst: den Brandschutz.

Die Gewährleistung der Sicherheit aller Künstler und Fans innerhalb des Exhauses ist eine Selbstverständlichkeit. Die nach Jahren des stillen Duldens plötzlich verhängte Zulassungsbeschränkung ist dagegen die Gefährdung einer wichtigen Institution. Dieser fragwürdigen Taktik der überfallartigen Verhängungen solcher Beschränkungen fielen schon die Trierer Sporthallen und damit der Schul- und Vereinssport der Stadt Trier zum Opfer. Hilger Hoffmann und Martin Schümmelfeder werden von jetzt auf gleich mit dem aus ihrer Sicht unlösbaren Problem konfrontiert, eine tiefe Talfahrt in die roten Zahlen zu verhindern. Doch die finanzielle Basis des Exhauses ist eine ebenso wichtige Aufgabe der Stadt Trier wie ein funktionierender Brandschutz. j.pistorius@volksfreund.de 
Das Gebäude

Das Exzellenzhaus gehörte im 18. Jahrhundert zum Kloster St. Marien. Dessen Front stand in Richtung zur Mosel, das Exhaus diente als Wirtschaftsgebäude. Die einmarschierenden Franzosen enteigneten das Kloster 1789 und nahmen das Haus in Besitz. 1815 übernahm das preußische Heer die Regie. Aus dieser Epoche stammt auch der Name des Gebäudes, denn hohe Militärs hatten Anspruch auf die Anrede Ihre Exzellenz.

Nach dem Ersten Weltkrieg verließ das Militär das Exzellenzhaus. Nach dem Zweiten Weltkrieg benutzten die Franzosen das Gebäude als Lagerraum. In den 50ern und 60ern nutzte überhaupt niemand mehr das immer weiter verfallende Haus - bis sich im März 1972 der Exzellenzhaus e. V. gründete und daraus in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Trier ein erfolgreiches und beliebtes Jugendkulturzentrum machte. jp

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