Dem Original zum Verwechseln ähnlich

Rund 40 Exponate umfasst die Ausstellung im Lesesaal der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars. Bis zum 22. Mai werden dort originalgetreue Nachbildungen - so genannte Faksimiles - von religiösen Schriften der Antike und des Mittelalters gezeigt. Mit einem Vortrag über ein ganz besonderes Exponat im Hinblick auf die Heilig-Rock-Tage wurde sie eröffnet.

 Rainer Schwindt (links) und Hans-Werner Stork mit einem Faksimile von Gerhard Altzenbachs „Designatio sacrarum reliquiarum“. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Rainer Schwindt (links) und Hans-Werner Stork mit einem Faksimile von Gerhard Altzenbachs „Designatio sacrarum reliquiarum“. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. (kbb) Majestätisch liegen sie in den Glasvitrinen, als könnten sie schon bei einem flüchtigen Blick zerfallen. Doch so alt und zerbrechlich, wie man zunächst vermuten könnte, sind die kunstvoll gebundenen Bücher nicht. Es handelt sich nämlich um Kopien - um Faksimiles, wie es in der Fachsprache heißt. Doch auch ein hochwertiges Faksimile ist alles andere als billig. "Ein Exemplar kostet durchschnittlich 10 000 Euro", erzählt Rainer Schwindt, stellvertretender Bibliotheksleiter und Organisator der Ausstellung. Das wertvollste Faksimile, eine Kopie des Evangeliars Heinrichs des Löwen aus dem zwölften Jahrhundert, koste rund 30 000 Euro, sagt Schwindt. Der dazugehörige Ausstellungskatalog umfasst etwa 50 religiöse Faksimiles aus dem Besitz der Bibliothek und den Privatbeständen zweier Experten: Professor Franz Ronig und Professor Ekkart Sauser, Kunsthistoriker und Theologen aus Trier.Zur Eröffnung holten die Veranstalter - die Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars und die Buchgesellschaft "Pro Libris" - einen weiteren Fachmann nach Trier: Hans-Werner Stork, der einst in Trier Theologie und Kunstgeschichte studierte, referierte vor den interessierten Zuhörern im Lesesaal der Bibliothek über ein ganz besonderes Exponat: ein Faksimile des Flugblattes "Designatio sacrarum reliquiarum" von Gerhard Altzenbach aus dem Jahr 1655. Denn vor allem im Hinblick auf die Heilig-Rock-Tage ist der alte Kupferstich nach wie vor aktuell: "Im Jahr 1655 fand nach dem 30-jährigen Krieg erstmals wieder eine Heilig-Rock-Wallfahrt statt", erklärt Stork. Der Kupferstich des Kölner Künstlers und Verlegers zeigt deshalb die wichtigsten Reliquien aus dem Trierer Domschatz. Viele von ihnen sind heute noch erhalten, allen voran der Heilige Rock als wichtigste Reliquie. "Die Ausstellung zeigt nicht nur Evangeliare, sondern auch Bibelkommentare und Stundenbücher", sagt Bibliotheksleiter Michael Embach. Der "Riesencodex" der Hildegard von Bingen ist beispielsweise dabei und zeigt rund 70 Lieder der mittelalterlichen Musikerin. Auch wird ein Faksimile der Post-Inkunabel anlässlich der Heilig-Rock-Wallfahrt 1513 gezeigt - der Titel lautet: "Ein wahrhafftiger Tractat wie man das hochwirdig Heiligthum verkündt."Die Kunst der Faksimilierung hat dabei eine lange Tradition, die bis ins Mittelalter zurückgeht. "Unter Faksimilierung versteht man in Fachkreisen die größtmögliche Annäherung an das Original, beispielsweise eine mittelalterliche Handschrift", weiß Karl-Heinz Hellenbrand von "Pro Libris". Früher wurde faksimiliert, um Schriften zu verbreiten, heute dient es vorwiegend dem Schutz der Originale. Denn Faksimiles - die fast immer in einer Auflage um 1000 Stück produziert werden - werden auf modernem Papier gedruckt und bedienen sich auch sonst zeitgenössischer Techniken wie der Digitalfotografie. "Es geht darum, dem Original so nahe wie möglich zu kommen, was Optik und Haptik angeht. Aber ein Experte erkennt natürlich sofort, was Original ist und was Kopie", so Hellenbrand.Vor Ort finden während des Ausstellungszeitraums folgende Vorträge statt: Professor Klaus Reinhardt über "Die apokalyptische Botschaft der Beatus-Handschriften", 8. Mai, 18 Uhr; Professor Franz Ronig: "Über eine illustrierte Psalterhandschrift des 13. Jahrhunderts als Nachfolgerin des Utrecht-Psalters aus dem 9. Jahrhundert", 14. Mai, 18 Uhr und abschließend Jean-Claude Muller: "Über den Codex aureus epternacensis - Eine schon faksimilierte Handschrift?", 22. Mai, 18 Uhr.Die Faksimile-Ausstellung im Lesesaal der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars, Jesuitenstr.13, ist ab sofort täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Die Exponate werden noch bis zum 22. Mai gezeigt.

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