Den Faktor Zeit unterschätzen sie alle

Trier · Als sich im Juni 2014 der neue Stadtrat konstituierte, erblickte man im Großen Rathaussaal viele neue Gesichter: 23 von 56 Frauen und Männern wurden erstmals als Ratsmitglieder verpflichtet, ganze Fraktionen waren ausgetauscht worden, neue Gruppierungen hinzugekommen. Nach einem Jahr ziehen sechs "Neue" eine erste Bilanz ihres Ehrenamts. Die fällt höchst unterschiedlich aus, und nur in einem Punkt herrscht Einigkeit.

Trier. "Von 57 gesetzlichen Ratsmitgliedern waren 57 anwesend", vermerkt das Protokoll der konstituierenden Sitzung. Moment mal, 57? Kraft Amtes ist auch der Oberbürgermeister Mitglied des Rates, obendrein ist er dessen Vorsitzender. Rein formal zählt somit auch Wolfram Leibe zu den Neuen im Großen Rathaussaal, doch wird der SPD-Mann natürlich vor allem als Chef der Verwaltung wahrgenommen.

Als sich wenige Wochen nach der Kommunalwahl im Juni 2014 der Trierer Stadtrat formierte, mangelte es unter den 56 gewählten Mitgliedern nicht an neuen Köpfen. Allein die drei großen Fraktionen CDU, SPD und Grüne boten insgesamt 16 Neuzugänge auf, die um einen Sitz auf drei Mitglieder erstarkte Linken-Fraktion präsentierte sich gar komplett erneuert.Kommunalpolitische Debütanten


Da AfD und Piraten erstmals in den Rat einzogen, starteten deren Mitglieder allesamt als kommunalpolitische Debütanten - was jetzt nicht abfällig gemeint ist! Nur in einer Fraktion blieb alles beim Alten: Die Freien Wähler machten mit der aus ihrer Sicht bewährten Mannschaft weiter, waren bei der Wahl aber von fünf auf vier Mitglieder geschrumpft.

In den ersten zwölf Monaten der Wahlperiode gab es in den Reihen des Rats bereits einige Wechsel - wobei die Gründe für den Mandatsverzicht jeweils sehr unterschiedlich waren. So verlor die FDP mit dem plötzlichen Tod von Martin Neuffer einen über die eigene Fraktion hinaus geschätzten Mann, der nicht nur als Rhetoriker ein Gewinn für viele Debatten war. Auf Neuffer folgt nun Katharina Haßler, die ebenfalls erstmals dem Rat angehören wird.Stichwort Debattenkultur


In der CDU rückte Neuzugang Jutta Albrecht für Neuling Christoph Lentes nach, den es nach nur wenigen Monaten ins Umland verschlug. Bei den Grünen löste Christa Jessulat Anja Reinermann-Matatko ab, die nach Bonn umgezogen ist.
Nach einem Jahr am Augustinerhof bat der Trierische Volksfreund sechs der "Neuen" um eine Zwischenbilanz ihrer Erfahrungen. Die könnte unterschiedlicher gar nicht ausfallen. Was etwa die Debattenkultur im Stadtrat anbelangt, reicht das Spektrum der Wahrnehmungen von "ausgewogen, gerecht und meistens fair" (Philipp Bett) bis "sicherlich noch optimierbar" (Monika Berger).

Und während die einen die Sachlichkeit der politischen Auseinandersetzung loben, klagen andere über "Machtpolitik" und "Ideologie". Lediglich in einem Punkt herrscht Einigkeit: Wie zeitaufwendig ein Ratsmandat ist, haben sie alle unterschätzt.

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