Den großen Ausverkauf aufhalten

Um Wasser als Spekulationsgut, Verflechtungen zwischen Kapital und korrupter Politik, aber auch um Widerstand drehte sich das Theaterstück "Das blaue Wunder", das die Kreuzberger Bühne "Berliner Compagnie" in der Tufa aufführte. Grotesker Humor überspitzte dabei reale Sachverhalte.

 Weil Profit winkt, will auch R.W.E.(Jean-Theo Jost, links) beim Poker von Vivendi (Elke Schuster), Saur (H.G. Fries) und Suez (Dimo Wendt) um die Privatisierung des Wassers mitmischen. TV-Foto: Anke Emmerling

Weil Profit winkt, will auch R.W.E.(Jean-Theo Jost, links) beim Poker von Vivendi (Elke Schuster), Saur (H.G. Fries) und Suez (Dimo Wendt) um die Privatisierung des Wassers mitmischen. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. (ae) Politisch aktuellen und brisanten Inhalten hat sich seit 20 Jahren die "Berliner Compagnie" mit Stücken wie "Schöne eine Welt" über Arbeitsbedingungen in Niedriglohnländern oder "Terra! Terra!" über Futtermittel-Importe aus Lateinamerika verschrieben. Auf Einladung der Nabu-Ortsgruppe Trier gastierte sie in Trier mit der von der Europäischen Union geförderten Produktion "Das blaue Wunder" aus der Feder von Helma Fries. Das Stück thematisiert die Privatisierung des Wassers, die profitgierige Kapitalisten mit Unterstützung kurzsichtiger bis korrupter Politiker aller Couleur weltweit vorantreiben. Die Folgen: Entlassungen, horrent steigende Wasserpreise und eine Verschlechterung der Wasserqualität, weil nicht mehr ins Netz investiert wird. All das inszeniert die vierköpfige, engagiert und temporeich agierende Schauspielergruppe als schrill-groteskes comicartiges Spektakel mit bissigem Humor. Da wird zum Beispiel einer bestechlichen Berliner Finanzsenatorin buchstäblich das Rückgrat aus dem Körper gezogen oder als bizarre PR-Aktion eine Selbstgeißelung in der Wüste inszeniert, um moralisierenden Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch das Lachen bleibt zuweilen im Halse stecken, weil das Stück längst existierende Realität nachzeichnet und aktuelle Bezüge, teils in pointierten Liedern, benennt: "Das Allgemeingut made in Germany, ob Wassernetz, Bahn oder Telefon ist was wert, und der Investor hat den Gewinn davon." Mangel hingegen müsse der Staat verwalten, oder es treffe die Ärmsten, wie zum Beispiel die Bevölkerung in Cochabamba. Hier liegt der wahre Kern des Stücks: Im Jahr 2000 stieg der Wasserpreis in der bolivianischen Stadt um 300 Prozent, ein mehrmonatiger Aufstand brach aus. Am Ende verließen die Manager das Land, und das Wasser wurde wieder von der öffentlichen Hand verwaltet. Diesen Sachverhalt spielt die Compagnie fast dokumentarisch nach und nutzt ihn als Symbol für einen Mut machenden Schlussappell: Die Privatisierung des Wassers ist aufhaltbar, wenn Bürger aufbegehren.

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