Der Ärger mit dem Hafen-Lärm

RUWER. Die Ansiedlung vieler Industrieanlagen im Trierer Hafen bringt nicht nur Arbeitsplätze mit sich, sondern auch Lärm, Staub und unangenehme Gerüche. Unter denen leiden bei dem vorherrschenden Westwind ganz besonders die Ruwerer. Nun gibt es eine Langzeit-Schadstoffmessung.

"Manchmal glaub' ich, es würde eine Granate einschlagen", findet Reinhold Spoden, der in der Straße Am Schälenberg wohnt. Nicht nur wochentags habe der Lärm zugenommen, sondern auch samstags. Ruhe ist eigentlich nur am Sonntag - aber selbst dann sorgt die A 602 für Dauer-Beschallung aus den Tiefen des Moseltals. "Besonders die alten Leute, Hausfrauen und Kinder können einem leid tun", ergänzt ein Anwohner der Hunsrücker Straße. "Sie sind den ganzen Tag dem Lärm und der Luftverschmutzung ausgesetzt, und das wochentags ab fünf Uhr morgens."Verpflichtungen nicht erfüllt

Der permanent hohe Lärmpegel plus zusätzlicher Krach durch herab fallenden Schrott sorgen für Ärger bei den Ruwerer Betroffenen. Insbesondere Bewohner der Hermeskeiler Straße und des Schälenbergs können akustisch live von der Terrasse die Arbeit der Industrieanlagen und der Schwerindustrie mitverfolgen - optisch verhindern bei einigen Ruwerern hohe Bäume den "Durchblick", wer denn eigentlich für Radau und Dreck sorgt. Seit Anfang der 60er-Jahre wurde mit dem Ausbau des Trierer Hafens ein großflächiges Industriegebiet erschlossen. Mittlerweile haben sich mit dem Güterverkehrszentrum rund 60 Unternehmen im Hafen angesiedelt. Ein Dorn im Auge sind Bürgern vor allem die Schredderanlagen der Firma Steil und das Trierer Stahlwerk (TSW), das im vergangenen Herbst seinen Betrieb wieder aufgenommen hat. "Das, was hier in Trier passiert, wäre im Kohlenpott nicht genehmigt worden", empört sich ein Anwohner. Er spielt damit auf Ungereimtheiten an, die vor ein paar Tagen auch Gegenstand des veröffentlichten Pfalzeler Bürgergutachtens für den Stadtteilrahmenplan waren. Darin steht schwarz auf weiß, welche umweltrelevanten Bedenken Pfalzeler Bürger trotz jüngster entwarnenden Messungen gegen die nahen Industrieanlagen haben. Einer vor über 20 Jahren eingegangenen Verpflichtung, für ihre Schredderanlage Lärmschutzmauern und eine Überdachung zu bauen, sei die Firma Steil bis heute nicht nach gekommen. Eine durchaus geeignete Überdachung gibt es bis heute nicht, die errichtete Lärmschutzmauer ist erheblich niedriger als der aufgeschüttete Schrottberg. Vor wenigen Jahren erweiterte das Unternehmen seine Schredderanlage. Auf Bedenken von Bürgern reagierte der Geschäftsführer des Zweckverbands Wirtschaftsförderung Trierer Tal damals mit dem Hinweis: "Die Schredderanlage wird nicht lauter als zwitschernde Vögel sein." Doch nicht nur die Schredderanlagen stehen in der Kritik, sondern auch das TSW. "Es gibt Schleimhautreizungen bei Westwind, und wir lassen nicht gern die Kinder draußen spielen", meint ein Ruwerer. Wie andere Betroffene moniert er die mangelnde Transparenz, weiß nicht, ob behördliche Kontrollen erfolgen und ob die Firma Umweltschutz-Maßnahmen ergreift. "Wir haben eine schmierig-ölige Schicht auf dem Balkon", konstatiert auch Spoden, der den Verursacher dafür klar ausgemacht hat. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Anlage bestätigt, dass die Abluft des TSW hochgradig mit giftigen Substanzen wie Cadmium und Blei belastet ist. Klarheit sollen jetzt Langzeit-Messungen bringen, die seit letzter Woche die Luft an vier Stationen in Ruwer und Pfalzel auf sämtliche Schadstoffe für die Dauer eines Jahres überprüfen. Parallel dazu soll das TSW eigene Messungen in Auftrag gegeben haben. Morgen in unserer Stadtteil-Serie: Eitelsbach und sein neuer Kirchplatz.

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