Der Berg ruft nicht mehr

IRSCH. Der "ewige Ortsvorsteher" tritt ab: Nach 35 Jahren stellt sich Erwin Berg nicht mehr zur Wahl. Um seine Nachfolge bewirbt sich lediglich ein Kandidat: Christdemokrat Karl-Heinz Klupsch. CDU, SPD und UBM wollen wie gehabt in den Ortsbeirat einziehen.

Die Briefwahl-Unterlagen hat er bereits abgegeben. Erstmals seit 1969 wird Erwin Berg (CDU) einen Wahltag nicht im heimatlichen Irsch erleben. Nächste Woche begleitet er Post-Senioren auf einer Busreise nach Süden. Nach seiner Rückkehr wird die Wahl gelaufen sein. "Man muss loslassen können. Und ich habe es getan - auch wenn mir viele das zunächst nicht abnehmen wollten", sagt der 67-Jährige. Irsch ohne Ortsvorsteher Berg - daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Dreieinhalb Jahrzehnte - länger als die addierten Amtszeiten seiner berühmteren Parteifreunde Helmut Kohl (16 Jahre Bundeskanzler) und Helmut Schröer (seit 15 Jahren Triers OB) repräsentiert er sein Irsch - "Da darf mir keiner ernsthaft böse sein, wenn ich den Posten in jüngere Hände übergeben möchte." Der Berg ruft künftig nicht mehr zu Ortsbeiratssitzungen. Das soll fortan Karl-Heinz Klupsch tun. Der 50-Jährige, in Birkenfeld stationierte Oberstabsfeldwebel der Luftwaffe ist einziger Bewerber um die Nachfolge seines Mentors.CDU, SPD und UBM kandidieren für Ortsbeirat

Dass er ebenfalls der CDU angehört, versteht sich angesichts der Kräfteverhältnisse im Ortsbeirat 1999-2004 schon fast von selbst. Über sieben der elf Sitze verfügen die Christdemokraten; die SPD hat drei, die Unabhängige Bürgervertretung Maximini (UBM) einen. Doch das will Klupsch, der seit 1989 in Irsch wohnt, nicht überbewertet wissen: "Ich möchte ganz im Sinne von Erwin Berg weitermachen. Und das heißt vor allem: Mit allen reden, unabhängig von der Couleur." Eine lobenswerte Einstellung, aber auch im wohl zu verstehenden eigenen Interesse Klupschs, der bislang noch keinem kommunalpolitischen Gremium angehörte. Die Zurückhaltung der Sozialdemokraten mag überraschen, hat aber nachvollziehbare Gründe. Der bisherige Vize-Ortschef Hans-Albert Dreher (63), ehemaliger Lehrer am Auguste-Viktoria-Gymnasium (AVG), strebt aus gesundheitlichen Gründen nicht nach einem Aufstieg im kommunalpolitischen Ehrenamt und läutet seinerseits einen Generationswechsel an. Bettina Cornelia Dreher löst ihren Vater als SPD-Spitzenkandidaten für die Ortsbeirats-Wahl ab. Eine eigene Ortsvorsteher-Bewerbung lehnte die 29-Jährige Studienreferendarin jedoch ab: "Ich arbeite in Bitburg. Das gestaltet sich alles recht zeitaufwändig." Und Vize-Ortsvorsteherin? "Doch, das kann ich mir gut vorstellen, und das würde ich auch gerne machen." Da bleibt abzuwarten, wie sich die Mandatsverteilung nach dem 13. Juni darstellen wird, denn den Stellvertreter des Ortsvorstehers bestimmt der Ortsbeirat. Die UBM spekuliert darauf, künftig mit zwei Leuten in dem Stadtteil-Gremium vertreten zu sein. Neben dem bisherigen Mandatsträger Horst Regnier (48) werden Uni-Professor Hermann Kleber (55), seit 1998 stellvertretender Vorsitzende von Manfred Maximinis Freier Wählergruppe, gute Chancen auf den Einzug in den Ortsbeirat eingeräumt. Dem gehörte er bereits von 1994 bis 1998 an. Unter den 19 Trierer Stadtteilen genießt Irsch eine Ausnahmestellung. Der Anteil an Eigenheim-Besitzern ist besonders hoch und steigt weiterhin. Das neue Baugebiet am Sportplatz wird die Einwohnerzahl bald über 2500 schrauben. Bei der Eingemeindung 1969 zählte Irsch knapp 1200 Einwohner. Im krassen Gegensatz zum Bauboom und der hohen Lebensqualität im Stadtteil steht die Busverbindung. Viele Irscher würden gerne an Studenten vermieten, doch die winken wegen der wenig erbaulichen Anbindung abends und am Wochenende dankend ab. Ein anderes Probleme wird auch der neue Ortsbeirat voraussichtlich nicht lösen können. Die Landesstraße 143 gilt als gefährliche Rennstrecke, die zu entschärfen Sache des Landes wäre. So will sich der designierte künftige Ortschef Karl-Heinz Klupsch vor allem an Machbarem orientieren: "Wir brauchen einen Gemeindeplatz im Ortskern und mehr Betätigungsmöglichkeiten für unsere Jugendlichen." Auf den Rat seines Vorgängers kann er gerne zurückgreifen, "wenn er denn will", betont Berg, der ansonsten die Ortspolitik vorerst lieber aus der Distanz beobachten will: "Ich gehe auch erst einmal nicht zu den Ortsbeirats-Sitzungen. Das sähe so besserwisserisch aus. Das mag ich nicht."Morgen in unserer Stadtteil-Serie: Feyen-Weismark.

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