Der Brötchen(er)zähler

TRIER. Wie sehen Arbeitswelten aus? Um das zu erfahren, machen Schulklassen Betriebsbesichtigungen. Einer, der dafür immer gern zur Verfügung steht, ist Konditor- und Bäckermeister Dirk Rauch aus Trier-Süd.

Feierabend zum Vormittag: Die Brötchen liegen hinter der Theke in den Körben, hinten sind die blitzblank geputzten Arbeitsplatten geräumt und der Teig für den nächsten Arbeitstag bereits vorbereitet. Es ist neun Uhr früh, im Gesicht von Dirk Rauch zeigen sich Augenringe, der Blick scheint etwas in die Ferne zu gleiten. "So um zwei oder drei Uhr am Morgen" beginne er mit der Arbeit, sagt der Bäcker- und Konditormeister, Inhaber einer Bäckerei in Trier-Süd - am Wochenende gar schon kurz vor Mitternacht. Aber er habe nur schlecht geschlafen, die Arbeitszeit mache ihm nichts aus. Die Kinder, die an diesem Morgen um ihn herum stehen, überragt der Bäcker in seinem weißen Arbeitskittel wie ein angestrahlter Turm. Die Klasse 2b der Matthias-Grundschule ist zu Besuch. Die Schüler stehen vor dem Großbackofen im hinteren Bereich der Bäckerei und halten die Hände in den warmen Wasserdampf. Wie viele Brötchen in den dunklen Schlund des Ofens passen, fragt der Bäcker. "600", meint einer nach einem längeren Herumrechnen, "Richtig", sagt Rauch. Arbeitsinstrumente wie "Schießer", "Abziehapparat" oder "Spiralkneter" kommen zur Vorführung, dann stürzen sich die Kinder auf das Plätzchenmachen. Rauch, 38 Jahre alt, ist einer der Adressaten für Kindergärten und Grundschulen. Er sei der Einzige, der solche Führungen im Umkreis anbiete, hätten ihm Erzieherinnen und Lehrerinnen wiederholt ihren Besuchswunsch erklärt. Etwa 23 Gruppen hat er daher pro Jahr - für den Bäcker nicht ganz uneigennützig: "Kinder sind die Kunden von morgen." Allerdings hat Rauch selbst einen Sohn und eine Tochter, "ich weiß, wie viel Spaß die bei solchen Vorführungen haben." Er habe Pläne, das Angebot zu vertiefen, das könne auch Erwachsene miteinbeziehen. Manchmal denke er daran, in einem Kindergarten zu arbeiten, sagt er scherzhaft. Erwachsene hätten mehr Interesse an technischen Einzelheiten der vorgestellten Maschinen, Kinder hingegen wollen es anschaulicher, hat Rauch erfahren. Sie seien viel offener und ungezwungener. "Kinder wollen nicht nur zuhören" - sie stellen zudem andere Fragen. Ob man nicht die Brötchen im Hochsommer nach draußen statt in den Ofen legen könne, fragt etwa einer, nachdem Rauch von den Backtemperaturen erzählt hatte. Rauchs Bäckerei ist "klein und überschaubar", das sei ihm recht, sagt der Bäcker- und Konditormeister, zugezogen aus Idar-Oberstein nach Trier. 1998 hat er die bereits existierende Bäckerei an der Saarstraße übernommen. Bereut habe er es nicht. Dass Rauch von seiner ursprünglichen Ausbildung her eigentlich ein Kuchenexperte ist, merkt man aber den Eigenkreationen in den Verkaufsregalen an: Walnusspfefferbrötchen etwa oder Sojavollkornbrötchen, "meine beste Kreation", sagt der Teigkünstler und setzt ein fröhliches und selbstbewusstes Lächeln auf: "Ich könnte Ihnen das Rezept niederschreiben. Aber Sie würden es nicht hinkriegen."

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