Der Gemütliche im Kreuzfeuer

Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink muss viel einstecken. Drei der fünf Ratsfraktionen nahmen ihn während der Haushaltsdebatte unter Beschuss. In der Diskussion um eine stabile konzeptionelle Basis der Antikenfestspiele ruhen außerdem alle Augen auf seinem Dezernat. Der unter hohem Druck stehende Christdemokrat stellte sich den Fragen des TV-Redakteurs Jörg Pistorius.

Trier. (jp) Wie oft denken Sie noch an die verlorene Oberbürgermeister-Wahl 2006?Ulrich Holkenbrink: Das ist ein abgeschlossenes Kapitel. Klaus Jensen und ich arbeiten hervorragend zusammen. Wer uns heute sieht, kann sich kaum vorstellen, dass wir 2006 gegeneinander um das Amt des Oberbürgermeisters gekämpft haben.Ein alles andere als abgeschlossenes Kapitel sind die harten Angriffe gegen Sie in der Haushaltsdebatte. Gab es in den internen Beratungsrunden vor der finalen Ratssitzung Hinweise auf derart vernichtende Breitseiten?Holkenbrink: Nein, das war nicht zu erwarten. In zwei Sitzungen haben wir den Haushalt im Dezernatsausschuss ausführlich diskutiert. Die Anträge zum Haushalt lassen erkennen, dass alle Fraktionen dem Bereich Kultur einen enorm hohen Stellenwert einräumen.Dennoch hat SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger Ihnen vorgeworfen, kein Kulturdezernent habe seine Einrichtungen bisher so im Stich gelassen wie Ulrich Holkenbrink.Holkenbrink: Ich kann das so nicht sehen und weise Herrn Jaegers Vorwürfe entschieden zurück. Es gibt doch auch viele Beispiele, die seine Aussage widerlegen. Die Konstantin-Ausstellung und die damit verbundene Sanierung des Stadtmuseums, die Umstrukturierung der Stadtbücherei und die Zusammenarbeit mit Luxemburg gehören dazu.Wie schon öfter in der Vergangenheit haben Sie auch dieses Mal in der Sitzung überhaupt nicht reagiert und kein Wort gesagt.Holkenbrink: Das ist auch nicht üblich. Die Ratssitzung, auf deren Tagesordnung der Beschluss des Haushaltsplans steht, ist eine Redeplattform für die Fraktionen, nicht für die Dezernenten. Friedel Jaegers Attacke war reiner Populismus, und den werde ich nicht auch noch durch eigene Beiträge unterstützen. In diesem "reinen Populismus" verbarg sich der konkrete Vorwurf, der Kulturdezernent habe steigende Personalkosten bei den Angestellten des Stadttheaters nicht etatisiert.Holkenbrink: Friedel Jaeger hat behauptet, ich hätte es vergessen, und das stimmt einfach nicht. Ich habe den Ausschuss frühzeitig und umfassend über die Lage informiert.Und wie sieht diese Lage aus?Holkenbrink: Es war ganz einfach nicht möglich, diese Summe in den Etat einzubringen und an anderer Stelle einzusparen. Ich wollte zusammen mit dem Ausschuss nach einer Lösung suchen.

"Die Suche nach Lösungen" ist auch eine gute Überschrift für das Kapitel Antikenfestspiele. Originalton Friedel Jaeger: "Offenbar traut Ihnen die eigene Fraktion nicht zu, das Gesamtkonzept für die Antikenfestspiele ohne Hilfe von außen erstellen zu können. Wir auch nicht."Holkenbrink: Hier werden zwei Dinge miteinander vermischt. Die CDU-Fraktion hat keine Mittel für die Erstellung eines Antikenfestspiele-Konzepts "von außen" beantragt. Es ging stattdessen, und das müsste die SPD eigentlich wissen, um Folgekosten der Europäischen Kulturhauptstadt.Die gesamte Region wartet mit großer Spannung und einer enormen Erwartungshaltung auf das neue Konzept der Antikenfestspiele. Dieser Druck lastet auf Ihren Schultern. Ist der Kulturdezernent der große Visionär und Antreiber bei der Erstellung dieses Konzepts?Holkenbrink: Wir haben gemeinsam nach Lösungen gesucht und uns für das Amphitheater als Haupt-Spielstätte entschieden. Es wäre kontraproduktiv, hier einzelne Akteure herauszustellen.Gehört Intendant Gerhard Weber auch zu diesem "wir"?Holkenbrink: Natürlich. Auch er will das Amphitheater.Ihre Amtszeit endet 2010, genauso wie die von Georg Bernarding. Haben die beiden Dezernenten mal bei einem Feierabendbier über ihre Zukunft gesprochen?Holkenbrink: Nein, haben sie nicht. Es stimmt, Georg Bernarding und ich sind am gleichen Tag vereidigt worden. So wie ich das sehe, treten wir beide 2010 wieder an.Sie treten wieder an, obwohl Sie gerade in den letzten beiden Jahren sehr oft getreten worden sind?Holkenbrink: Der Job des Kulturdezernenten in Trier ist dennoch eine unglaublich tolle und höchst interessante Aufgabe. Es ist ganz einfach großartig, in der ältesten Stadt Deutschlands im Zentrum Europas Dinge mit anzustoßen und zu bewirken. Ich werde mich auf jeden Fall bewerben. ULRICH HOLKENBRINK 52 Jahre alt, verheiratet, drei Töchter. Sohn des früheren Wirtschafts- und Verkehrs-Ministers Heinrich Holkenbrink. Studierte Musikerziehung, Romanistik und Geografie in Mainz. Arbeitete lange Jahre als Lehrer am Hindenburg-Gymnasium. Amtiert seit Frühjahr 2002 als Schul- und Kulturdezernent im Trierer Rathaus. Liebt Musik, ist in seiner Freizeit passionierter Geiger. Verlor 2006 die Wahl zum Trierer Oberbürgermeister mit 33,1 Prozent der Stimmen klar gegen den von der SPD und den Grünen unterstützten unabhängigen Kandidaten Klaus Jensen. (jp)

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