Der Mensch ist vor allen Dingen Mensch

TRIER. Latein, Musik, Philosophie: Das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium hält humanistische Bildungsinhalte in einer immer stärker technisierten Welt hoch. Und wird dabei gefördert von einer privatrechtlichen Stiftung, die am Wochenende ihren ersten Geburtstag feierte. Zu den Förderern gehört auch ARD-Chefredakteur Bernhard Wabnitz.

"Es ist ein erster Geburtstag - und trotzdem sind wir ein bisschen traurig", sagt Konrad Kolz. "Denn dem Geburtstag ist eine Beerdigung voraus gegangen." Aber weil juristische Personen nicht wirklich sterben, und weil nach wirren Jahren, in denen niemand so richtig wusste, wie es weiter gehen soll mit der Förderung am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (FWG), alles in guten Bahnen läuft, ist der Vorsitzende der "neuen" FWG-Stiftung äußerst guter Dinge am ersten Stiftungsfest derselben. Proteste erfolgreich

Anfang des Jahrtausends hatte sich das Land entschlossen, die Weingüter der ehemals öffentlich-rechtlichen FWG-Stiftung zu verkaufen. In das historische Weingut des Gymnasiums hatte das Land seit 1996 mehr als zwei Millionen Euro in Entschuldung und Investitionen gesteckt. Nach Protesten von Schule und Stadt gegen die Zerschlagung der seit Jahrhunderten bestehenden Verbindung von Weingut und FWG, kaufte das Trierer Priesterseminar die teils hervorragenden Lagen. 100 000 Euro flossen aus dem Verkaufserlös in die vor einem Jahr neu gegründete Stiftung - ein Verdienst der Ehemaligen, die diese "Trierer Lösung" mit hohem privaten und finanziellen Engagement vorangetrieben hatten. "Den Bruch zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft durch die Förderung pädagogischer Projekte aufzuheben", sei das Ziel der Stiftung, erklärte Kolz im "akademischen" Teil des Stiftungsfestes. Denn die Ehemaligen und Freunde des FWG feierten sich nicht nur selbst. Vielmehr diskutierten sie den Stellenwert humanistischer Bildung in einer immer stärker das "für den Profit verwertbare" Wissen betonenden Gesellschaft. Professor Friedhelm Hengsbach - Leiter des Oswald-von-Nell-Breuning-Instituts an der Philosophisch-theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt - referierte in Hochschul-Manier zur Frage "Verdampft die humanistische Bildung in der Wissensgesellschaft?" Mitnichten seien humanistische Inhalte in der auf technologisches, in Profit verwandelbares Wissen zielenden Gesellschaft unwichtig. "Das humanistische Gymnasium ist kein Isotop, sondern Bestandteil der Wissensgesellschaft", sagte Hengsbach. "Handlungskompetenz, Wissensorganisation, Überwindung der Spaltung von Körper und Geist - das alles sind Fertigkeiten, die in unserer heutigen Gesellschaft eine große Rolle spielen und die ihren Ursprung in humanistischer Bildung haben.""Kämpfer" für die Stiftung

Quasi ein guter "Beweis" für die "Verwertbarkeit" traditioneller geisteswissenschaftlicher Bildung ist der Trierer Bernhard Wabnitz. Nach seinem Abitur am FWG 1973 studierte Wabnitz Germanistik, Romanistik, Philosophie und Politik, promovierte - und ist heute ARD-Chefredakteur. Auch er gehört zu den "Kämpfern" um die Stiftung und ist extra für das Stiftungsfest aus Hamburg angereist. Und dass das Leben der Schüler im 21. Jahrhunderts tatsächlich noch von humanistischen Inhalten bestimmt ist, zeigt das Big-Band-Ensemble der Schule: Beim vielstimmigen Jazz-Arrangement mit hervorragenden Soli wippen 18 Turnschuhfüße im Takt.

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