Der Süden hat die Wahl

Mit der außerplanmäßigen Neuwahl des Ortsvorstehers von Trier-Süd am 13. Januar beginnt das kommunalpolitische Jahr 2008 in Trier. Eine spannende Angelegenheit: Ein CDU-Quereinsteiger versucht, die rot-grüne Hochburg zu stürmen.

 Stellen sich zur Ortsvorsteher-Wahl (von links): Aaron Braun (Grüne), Jutta Föhr (SPD) und Helmut Freischmitt (CDU). TV-Foto: Roland Morgen

Stellen sich zur Ortsvorsteher-Wahl (von links): Aaron Braun (Grüne), Jutta Föhr (SPD) und Helmut Freischmitt (CDU). TV-Foto: Roland Morgen

Trier-Süd. Der Fototermin, zu dem der TV die drei Ortsvorsteher-Kandidaten gebeten hat, bringt für CDU-Mann Helmut Freischmidt (36) die erste Begegnung mit den Mitbewerbern Jutta Föhr (SPD) und Aaron Braun (Bündnis 90/Die Grünen). "Schön, dass ich euch endlich auch mal live sehe. Ich kenne euch ja nur von euren Wahlplakaten", freut sich Freischmidt. Die Stimmung ist locker; einen Satz später ist man beim kollegialen "Du".Gesucht: Orts-Chef für knapp 17 Monate

Wer die Nachfolge von Werner Schulz (63, SPD) antritt, der wegen Polizistenbeleidigung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden und im Oktober zurückgetreten ist, lässt sich schwer vorhersagen. Einen großen Favoriten gibt es nicht. Allerdings konnten Jutta Föhr (48) und Aaron Braun (35) bereits kräftig Wahlkampf betreiben und ihre Stadtrats-Zugehörigkeit in die Waagschale werfen, da wusste Freischmidt noch gar nicht, dass er überhaupt antreten würde. Erst Ende November nominierte ihn die CDU-Mitgliederversammlung. Der ursprünglich vorgesehene Kandidat Gilbert Felten (71) muss schwer erkrankt passen. Die Personalie Freischmidt trägt die Handschrift des Bundestagsabgeordneten und Trierer CDU-Chefs Bernhard Kaster (50). Der hatte den Realschullehrer und Trainer des Fußball-A-Ligisten VfL Trier auf die Schnelle als Mitglied für die CDU gewonnen. Für den Polit-Seiteneinsteiger und Spätstarter ist die Thematik aber nicht ganz fremd: Vater Horst (65) ist Ortsvorsteher von Kernscheid, Bruder Norbert (37) gehört dem Stadtrat und dem Ortsbeirat Trier-Mitte an. Beide sind Christdemokraten. Trier-Süd (9500 Einwohner) ist nach Trier-Nord (14 000) und Mitte/Gartenfeld (12 600) der - gemessen an der Bevölkerungszahl - drittgrößte Stadtteil.Rot-grüne Hochburg

Und ein besonderes politisches Pflaster. Gegen die rot-grüne Koalition im Ortsbeirat hatte die CDU einen schweren Stand. Dass nun die jüngste Bewerberriege aller Zeiten bei Ortsvorsteher-Wahlen in Trier antritt, passt ins Bild der politisch "exotischen" Südstadt und nimmt den anstehenden Generationswechsel vorweg. Zehn der 19 Ortsvorsteherinnen und -vorsteher in Trier sind über 60. Mit fast 36 ist Aaron Braun, der nach dem Schulz-Rücktritt vom Vize zum kommissarischen Ortschef avancierte, der mit Abstand Jüngste in der 19er-Riege. Unabhängig vom Ausgang der Wahl am 13. Januar ist es gut möglich, dass Freischmidt, Jutta Föhr (Technische Beschäftigte beim Landesuntersuchungsamt) und Aaron Braun (absolviert nach zehnjähriger beruflicher Tätigkeit in Luxemburg jetzt ein Pädagogik-Studium) am 9. Juni 2009 erneut gegeneinander antreten. Dann findet die nächste Kommunalwahl (Stadtrat, Ortsbeiräte) statt, bei der zugleich die Ortsvorsteher gekürt werden. Meinung Vielleicht ein Modellfall Wozu braucht man Ortsvorsteher? Um der Oma zum 90. Geburtstag zu gratulieren, dem Jubelpaar zur diamantenen Hochzeit die Aufwartung zu machen und Ortsbeirats-Sitzungen zu leiten? Ja, auch. Aber bei weitem nicht nur. Ortsvorsteher übernehmen in ihrem politischen Ehrenamt nebst Repräsentationspflichten auch die Aufgabe, die Belange ihres Stadtteils gegenüber Stadtrat und -verwaltung zu vertreten. Ein verantwortungsvoller Job also, der relativ karg entlohnt wird: Je nach Einwohnerzahl beträgt die monatliche Aufwandsentschädigung zwischen 280 und 340 Euro, die zu versteuern sind. Auch wenn die Kür eines Kurzzeit-Ortsvorstehers für Trier-Süd nicht unbedingt zur Parteien-Standortbestimmung vor dem Kommunalwahljahr 2009 taugt, so kann sie doch zum Modellfall für die lokale Polit-Szene werden. Dort treten (relativ) junge Kandidaten an, die zudem allesamt nicht als Parteien-Hardliner gelten. Das macht Hoffnung, dass das von OB Klaus Jensen propagierte überparteiliche Miteinander Realität werden kann. So viel vom Gesetzgeber gewollte Basisdemokratie hat allerdings auch ihren finanziellen Preis. Der Urnengang in der Südstadt (7400 Wahlberechtigte) kostet den Steuerzahler rund 15 000 Euro - mit eingerechnet der wahrscheinliche Fall, dass im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erhält und eine Stichwahl (am 27. Januar) fällig wird. r.morgen@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort