Der Shitstorm und das Gender-Klo

Trier · Unisex-Toiletten werden in den USA längst diskutiert und sind vielerorts bereits Realität. In Deutschland ist die Debatte, ob die Trennung in Damen- und Herrentoiletten Menschen diskriminiert, die sich keinem Geschlecht zuordnen, noch ein Nischenthema. Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) an der Uni Trier will das ändern.

 „All gender welcome“: Fabienne André, Alex Bermann und Andrea Oster (von links) vom Trierer Uni-Asta schlagen eine neue Toilettenkennzeichnung vor. TV-Foto: Sebastian Stein

„All gender welcome“: Fabienne André, Alex Bermann und Andrea Oster (von links) vom Trierer Uni-Asta schlagen eine neue Toilettenkennzeichnung vor. TV-Foto: Sebastian Stein

Foto: (h_st )

Trier. "Bin du hier richtig?" Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zuordnen können, seien beim Toilettengang Diskriminierungen ausgesetzt, sagt Fabienne André vom Queer-feministischen Frauenreferat des Asta (siehe Extra). Diesem Problem wollten sie und ihre Mitstreiter nachhaltig entgegenwirken. Dazu hat die Universität Trier auf Bestreben des Asta an einer bundesweiten Aktionswoche teilgenommen.
Während es im Studierendenhaus an der Uni schon seit Längerem Unisex-Toiletten gibt, wurden nun eine Woche lang Toiletten in anderen Uni-Gebäuden von der üblichen Einteilung Mann/Frau befreit und mit Kennzeichnungen der Toilettenart (Stehklo, Sitzklo und rollitauglich) sowie der Aufschrift "all gender welcome" beschildert.
Hinter der Idee steht ein Inklusionsgedanke. "Die drei Kategorien Mann, Frau und behindert finden wir problematisch. Das Geschlecht soll keine Rolle mehr spielen, wenn man auf die Toilette geht", begründet André den Vorstoß. Wie viele Menschen betroffen seien, ist für sie irrelevant: "Wir setzen uns ja für Minderheiten ein."
Das langfristige Ziel der Studierenden ist, die neue Beschilderung zu etablieren. Idealerweise soll sich die Idee auch in baulichen Maßnahmen wiederfinden. "Wir möchten eine Lösung finden, mit der möglichst viele Leute leben können", erklärt Alex Bermann vom Referat für schwule, trans* und queere Identitäten.
Die Initiatoren berichten von viel Zuspruch. Allerdings gibt es auch Kritik an der Aktionswoche: Die Schilder an den Toiletten wurden mehrmals abgerissen. Ein Großteil der Kritik sei durch Facebook-Kommentare übermittelt worden - ein sogenannter Shitstorm. "Es waren Argumente dabei, die wir nachvollziehen können, aber auch viel Kritik auf unterem Level", erklärt André.
Die Mehrheit der politischen Hochschulgruppen unterstützte die Initiative. Kritik kam allerdings von der CDU-nahen Hochschulgruppe RCDS, die in einem Statement auf Facebook eine "Ideologisierung der universitären Sanitäranlagen" befürchtet und die Toilette als "einer der letzten Rückzugsorte für Männer und Frauen" sieht.
Ideologisierung sei jedoch das falsche Argument, meint André, denn sie wollten ja genau das Gegenteil - ein Aufbrechen der Geschlechterrollen.
Für die Kritiker halten die Initiatoren eine Alternative bereit: Übergangsweise könnten sie sich Ausweichmöglichkeiten mit der üblichen Kennzeichnung vorstellen.Extra

Die Queer-Theorie unterscheidet im Gegensatz zum traditionellen Bild von Mann und Frau zwischen biologischem Geschlecht (sex) und Geschlechtsidentität (gender). Die Geschlechtsidentität wird in der Theorie als kulturell konstruiert betrachtet und folgt nicht aus dem biologischen Geschlecht. An der Universität Trier wird zu diesem Thema der interdisziplinäre Studiengang "Interkulturelle Gender Studies" angeboten. sebi

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