Der Streit um den Schwerbehinderten-Sitzplatz

Aus einer normalen Busfahrt wurde ein massiver Streit, der die Polizei auf den Plan rief. Die Fahrt wurde abgebrochen, ein Ersatzbus musste her. Alles begann mit dem Wunsch einer älteren Dame, sich setzen zu dürfen.

Trier. (jp) Es war ein völlig normaler Morgen für Inge H. (Name geändert). Sie wollte zu ihrem Hausarzt und stieg an der Haltestelle Wasserweg in die Linie 1 ein. Inge H. ist schwerbehindert, ihr Ausweis trägt den Vermerk "G" für "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr". Der Bus war voll, die Rentnerin fand keinen freien Platz. "Also bemühte ich mich zu den Plätzen, die für Behinderte reserviert sind." Dort begann das Problem.

Denn auf diesen vier Plätzen saßen bereits zwei Fahrgäste, ein Mann und eine Frau, die ihre Taschen auf die beiden freien Plätze gelegt hatten - so schildert Inge H. den Vorfall. "Als ich darum bat, eine der Taschen vom Sitz zu nehmen, wurde das von der Frau barsch verneint. Sie forderte den jungen Mann gegenüber sogar dazu auf, seine Tasche ebenfalls auf dem Sitz zu lassen."

Ein Ersatzbus musste die Fahrgäste transportieren



Nun ist Inge H. zwar schwerbehindert, aber keineswegs hilflos. "Ich zeigte der Dame meinen Schwerbehindertenausweis und erklärte ihr, dass ich auf einen solchen Platz einen Anspruch habe. Erst recht, wenn er nur von einer Tasche blockiert wird."

Welche Worte fielen, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Inge H. berichtet: "Ich durfte mich dann zwar setzen, denn dem jungen Mann war die Szene offenbar peinlich, und er nahm seine Tasche weg. Die Frau beschimpfte und beleidigte mich jedoch mehrfach."

Der Fahrer unterbrach die Fahrt vor der Porta Nigra und alarmierte die Polizei. Inge H.: "Die Frau hatte inzwischen mehrere Personen per Handy informiert und zum Bus bestellt." Doch die Polizei war sofort vor Ort und verhinderte eine weitere Eskalation.

"Es gab einen Einsatz an diesem Morgen, der mit dem Vermerk ‚unruhige Fahrgäste' gekennzeichnet ist", bestätigt Polizei-Sprecher Reinhard Rothgerber. Die Beamten brauchten eine gewisse Zeit, die Situation wieder zu beruhigen. "Das ist ihnen gelungen, denn es gab anschließend keine Anzeige", so Rothgerber.

Doch diese Beruhigung dauerte so lange, dass die Stadtwerke einen Ersatzbus schickten, die Fahrgäste mussten umsteigen. "Wer trägt dafür denn die Kosten?", will Inge H. wissen. "Der Fahrer hat uns den Vorfall gemeldet", sagt eine Sprecherin der Stadtwerke. "Wir haben keine Anzeige erstattet, denn es gab keine Sachbeschädigung am Bus." Die Stadtwerke, so die Sprecherin, fordern in solchen Fällen keinen Regress, wenn nichts beschädigt wurde. Der Fahrer und der Fahrdienstleiter, der an diesem Abend Dienst hatten, befinden sich beide im Urlaub. Inge H. bittet darum, ihren wahren Namen nicht zu nennen. "Ich habe Angst vor den Reaktionen dieser Leute."

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