Der Tod als ständiger Begleiter

Hätte ihr das jemand vor Jahren vorhergesagt, hätte sie dafür höchstens ein müdes Lächeln übrig gehabt: Ulrike Grandjean, in einem völlig "normalen" Beruf ausgebildet, sattelte auf ein total anderes - und für Frauen - äußerst seltenes Berufsfeld um: Die Triererin ließ sich zur Bestattermeisterin ausbilden.

 Beruf mit Seltenheitswert als Frau: Die Triererin Ulrike Grandjean ließ sich zur Bestattermeisterin ausbilden. TV-Foto: Ludwig Hoff

Beruf mit Seltenheitswert als Frau: Die Triererin Ulrike Grandjean ließ sich zur Bestattermeisterin ausbilden. TV-Foto: Ludwig Hoff

Trier-Süd/-Feyen. Noch gibt es sie, Männerdomänen in Berufen. Aber sie verschwinden. Frauen fliegen ins Weltall, haben das Sagen als Flugkapitänin einer Passagiermaschine, handwerkeln als Tischlerin oder kraxeln als Schornsteinfegerin auf Dächern herum. Doch alles dies ist nichts im Vergleich zu dem, wozu sich Ulrike Grandjean entschlossen hat. Die Triererin ließ sich nämlich in einem für Frauen äußerst seltenen Beruf ausbilden und brachte kürzlich Begonnenes zum erfolgreichen Abschluss: Mit der Verleihungsurkunde von der Handwerkskammer Düsseldorf in der Tasche darf Ulrike Grandjean fortan den Titel "Bestattermeisterin" führen. Damit gehört sie einer wirklich ganz seltenen Spezies an. Es zeigt sich schon darin, dass die 36-Jährige im ganzen Umkreis die Einzige ihrer Zunft sein dürfte: "In Rheinland-Pfalz gibt es höchstens drei von uns", weiß die mit einem besonderen Meisterbrief dekorierte junge Frau. "Eigentlich unverständlich", findet sie, weil "Frauen doch ganz anders mit Trauer umgehen als dies Männer tun und auch eine ganz andere Wirkung auf Trauernde haben." Die Ausbildung klappte wie am Schnürchen, trotz Beruf und Familie gleichzeitig: "Weil zu Hause alle prima mitgespielt haben." Dabei mussten Jörg Grandjean und die drei Kinder öfter als es ihnen lieb war auf die Ehefrau und Mama verzichten. Ihre Ausbildung absolvierte Ulrike Grandjean an der Handwerkskammer Trier und zum großen Teil im Berufsausbildungszentrum der Bestatter in Münnerstadt/Bayern. Ausbildungsschwerpunkte waren: Bestattungskultur und (fremde) -riten, Trauer-Psychologie, hygienische Versorgung, Beratung und Betreuung der Angehörigen, Friedhofsrecht und Betriebswirtschaft. Im Familienbetrieb ihres Mannes oblag Ulrike Grandjean der Schreibkram im Büro schon länger. Nur Formalitäten - das sollte es auf Dauer nicht sein. Sie wollte das ganze Berufsspektrum kennenlernen. Auch die Neugier nach dem Unbekannten sei mit der Auslöser gewesen für den Berufswunsch.Schwer, wenn Kinder oder junge Leute sterben

"In den schwersten Stunden haben Angehörige eines Verstorbenen ein Recht auf kompetente und fundierte Hilfe." Der dauernde Umgang mit Toten bringe es mit sich, dass man sich mit der Zeit daran gewöhne. Das hieße aber nicht, dass man keinen Anteil nehme am Schicksal der Angehörigen. "Schwer zu verkraften ist, wenn der Tod nicht den normalen Weg geht und Kinder und junge Leute sterben." Der Umgang mit dem Tod spielt zu Hause eine andere Rolle, als vielleicht in anderen Familien. "Oft müssen wir unverhofft weg." Dann wird gefragt vom Nachwuchs. Den Kindern begegneten hin und wieder auch Abneigungen, etwa in der Schule, wenn nach dem Beruf der Eltern gefragt wird. Ulrike Grandjean geht offen und doch kindgerecht damit um: "Wir möchten unsere Kinder stark machen - auch für solche Situationen."

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