Der Verzweiflung nahe

TRIER. Schulden ohne Ende: Die Haushaltssituation der Stadt Trier weist desaströse Züge auf. Für das laufende Jahr rechnet die Verwaltung im operativen Bereich mit einem Defizit von 28,9 Millionen Euro. Für 2005 wird ein Minus von 35,2 Millionen Euro erwartet. So kumulieren sich alle Schulden auf 400 Millionen Euro.

Diskussionen über den Haushalt zählen bundesweit nicht gerade zu den Lieblingsbeschäftigungen der Verantwortlichen. Die Kommunalpolitiker beugen sich mehr oder weniger ohnmächtig den Zwängen, die ihnen von oben - sprich von Bund und Land - verordnet werden. Oberbürgermeister Helmut Schröer weist stets verzweifelt darauf hin, wie ihm und der Verwaltung die Hände gebunden sind. "In dieser Stadt etwas politisch zu gestalten, ist praktisch unmöglich. Stellen wir die jährlichen Einnahmen den Ausgaben gegenüber, ergibt sich bereits ein finanzielles Loch." Sinkende Einnahmen (Gewerbesteuer, Landeszuschüsse), steigende Ausgaben (Soziale Leistungen, Zinsbelastungen) - so sieht die Misere aus. Um überhaupt aktiv zu werden und in Schulen oder Straßen zu investieren, muss die Stadt faktisch Geld ausgeben, das sie nicht hat. Sie nimmt so genannte "Kassenkredite" auf und macht damit etwas, was sich kein Privatmann leisten könnte. Würde der Bürger genauso verfahren, hieße das, er würde seinen gesamten Lebensunterhalt mit Kontokorrentkrediten bestreiten. Zum Glück verfügt die Verwaltung über einen "Kreditmanager", der sein Handwerk versteht. Die Zinssätze werden täglich neu verhandelt, so dass derzeit ein durchschnittlicher Zinssatz von zwei Prozent steht. Zum Vergleich: Wer sein privates Girokonto überzieht, zahlt durchschnittlich 12 bis 13 Prozent Zinsen. Den Teufelskreis zu durchbrechen, wird der Kommune ohne Hilfe unmöglich sein. Immerhin tragen Bund und Land maßgeblich die Verantwortung für die prekäre Finanzsituation. Edgar Meyer, Leiter der Kämmerei, hat sich einmal den "Spaß" gemacht, die verordneten Ausgaben, für die der Stadt keine entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, zu beziffern. Aus dieser Statistik geht hervor, dass Gesetze wie das Kindertagesstättengesetz, das Kinder- und Jugendhilfegesetz oder das Standortsicherungsgesetz (Gewerbesteuer-Umlage), um nur einige zu nennen, von 1991 bis 2001 zu Mehrbelastungen für die Stadt Trier von 135 Millionen Euro geführt haben. Alle Sparbemühungen der Kommune müssen unter diesen Voraussetzungen von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. Dass Trier im Vergleich zu anderen Städten in Rheinland-Pfalz noch relativ "gut" aussieht, hat unter anderem damit zu tun, dass in der Verwaltung versucht wird, sparsam zu wirtschaften. So werden etwa frei werdende Stellen nicht wieder besetzt. 2004 sind dies 15 Stellen. Auch das nützt indes nicht viel, sind doch damit nicht einmal die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst auszugleichen.Verordnetes Kreditlimit wird überschritten

Um im Sinne der Bürger etwas zu bewegen, bleibt nur der Weg, neue Schulden zu machen. Obwohl die Allgemeine Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) der Stadt ein jährliches Limit für neue Kredite von zehn Millionen Euro gesetzt hat, werden 2004 12,27 Millionen Euro aufgenommen. Zu Buche schlagen Sonderkredite für das Museum Simeonstift (716 000 Euro), die Landesgartenschau (487 000 Euro), die Erweiterung der Tarforster Höhe (854 000 Euro) und die Kita Ehrang (197 500 Euro). Trotz der desolaten Lage ist das Ende der Fahnenstange offenbar noch nicht erreicht. Derzeit wird in Berlin über "Hartz IV", also die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, diskutiert. Vorsorglich hat Schröer schon errechnet, was das die Stadt nach derzeitiger Lage zusätzlich kosten könnte: 3,6 bis 5 Millionen Euro. Berichte zur Ratssitzung vom Dienstag auch auf den Seiten 10 und 12.

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