Der "christliche Sokrates"

TRIER. Nach dem existenzialistischen Philosophen Peter Wust ist eine Straße in Trier-Heiligkreuz benannt. Wust lebte lange Zeit in Trier und entwickelte fast gleichzeitig mit Heidegger eine existenzialistische Philosophie, die jedoch christlicher Prägung war. Außerdem war Wust erklärter Gegner des Nazi-Regimes.

 Erinnerung an den existentialistischen Philosophen Peter Wust: die gleichnamige Straße. Foto: Birgit Pfaus-Ravida

Erinnerung an den existentialistischen Philosophen Peter Wust: die gleichnamige Straße. Foto: Birgit Pfaus-Ravida

Ein nachdenklicher, kunst- und naturliebender, reiselustiger Mann war Peter Wust - das erzählt seine Enkelin Jutta Peine, die heute in Atlanta (Georgia/USA) lebt. "Aus Italien kam er immer mit dunkel gebräunter Haut", beschreibt Peine. Eine starke Persönlichkeit sei Peter Wust gewesen, ohne Angst davor, seine Meinung zu sagen, und oft sei die Großmutter in Sorge gewesen, dass er sich in Zeiten des Nazi-Regimes in Gefahr bringen könne.Geboren im Saarland

Peter Wust wurde 1884 in dem Dorf Rissenthal im Saarland geboren. Da sein Vater, ein Siebmacher, nur wenig Geld hatte - Sohn Peter arbeitete nach der Volksschule als Kuhhirte -, schlug der Dorfpfarrer vor, Peter auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium nach Trier zu schicken. Die Eltern hofften, das erste von elf Kindern würde katholischer Priester werden, doch Peter Wust studierte nach dem Abitur Deutsch, Englisch und Philosophie. Trotzdem blieb der katholische Glaube immer im Denken Peter Wusts verwurzelt. Nach dem Studium in Bonn, Berlin und Straßburg, dem philosophischen Staatsexamen und der Promotion im Jahr 1914 in Bonn war Peter Wust zwischen 1915 und 1921 am Gymnasium in Trier als Lehrer tätig. Mit seiner Frau Käthe hatte er drei Kinder - Benno, Else und Lotti. In seiner Zeit als Studienrat in Köln ab 1923 knüpfte Peter Wust eine enge Freundschaft mit dem Philosophen Max Scheler, dessen Ideen er teilte. 1930 wurde Wust, der ab 1914 philosophische Schriften verfasste, als Professor an die Universität Münster berufen, ohne habilitiert zu sein. Das brachte ihm nicht nur Freunde unter den Kollegen ein. Bei den Studenten war Wust wegen seiner authentischen Art sehr beliebt. Fast gleichzeitig mit Heidegger entwarf Peter Wust eine existenzialistische Philosophie, jedoch christlicher Prägung. Wusts Philosophie zielte auf der Basis des Katholizismus auf die kulturelle Einheit Europas ab. "Weisheit" war für ihn auch immer "Glaubensweisheit". Man müsse "immer erst Mensch werden, um Philosoph zu sein", wie er in seinem 1937 erschienenen und bekanntesten Buch "Ungewissheit und Wagnis" schrieb. Als "christlicher Sokrates" wurde er bezeichnet. Ohne Furcht wetterte er an der Universität nach dessen Machtergreifung gegen Adolf Hitler - er hatte Hitlers "Mein Kampf" gelesen und sah Deutschlands Ruin durch die Nationalsozialisten kommen. Wusts Ideen und Reflexionen fanden vor allem in Frankreich große Beachtung.Qualvoller Tod

Bis zu seinem Tod war Wust Leiter des Lehrstuhls für Philosophie in Münster. Sein Tod im Jahr 1940 war qualvoll: Wust litt an Kieferkrebs, konnte am Ende seines Lebens weder sprechen noch essen. Wust zufolge vollzieht sich die Menschwerdung, durch die man erst Philosoph werden kann, durch das Leiden. In einem Abschiedsbrief bezeichnet er das Gebet als "Zauberschlüssel", der das letzte Tor zur Weisheit des Lebens erschließen kann. Seit 1982 gibt es eine "Peter-Wust-Gesellschaft" mit Sitz in Merzig. Seit 1975 wird von der Katholischen Akademie Trier und der Christlichen Erwachsenenbildung Merzig-Wadern der Peter-Wust-Preis an solche Menschen, die sich verdient gemacht haben um die "Erhellung menschlichen Daseins aus christlichem Verstehen". Am 10. April erhielt der frühere Ministerpräsident Bernhard Vogel den Preis.

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