Der doppelte Juncker

Der Sozialkunde-Leistungskurs des Hindenburg-Gymnasiums Trier (HGT) hatte die Gelegenheit, zwei Stunden lang dem luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker Fragen zu stellen.

 Jean-Claude Juncker mit HGT-Schülern und Kursleiter Martin Petri (rechts). Foto: Albert Follmann

Jean-Claude Juncker mit HGT-Schülern und Kursleiter Martin Petri (rechts). Foto: Albert Follmann

Trier. (alf) Der erste Eindruck soll ja bekanntlich der beste sein - und da konnte Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker gleich Pluspunkte sammeln bei seinen Gastgebern, den Schülern des Sozialkunde-Leistungskurses der Klassenstufe 11 beim HGT. Pünktlich kommt der Trierer Ehrenbürger - standesgemäß mit Fahrer und Polizei-Eskorte - vorgefahren, schüttelt auf der Schultreppe den wartenden Pennälern die Hände und macht sich mit ihnen auf zum Klassenraum Nummer 27. Dort wird Juncker knapp zwei Stunden lang mit den 16- bis 17-Jährigen und deren Kursleiter Martin Petri diskutieren. Live-Eindruck und Filmporträt im Vergleich

Das Treffen ist Teil eines Projektes, das die frühere Ministerin und Filmproduzentin Barbara Wackernagel-Jacobs aus der Taufe gehoben hat, um junge Leute wieder mehr für Politik zu interessieren. Ihr Filmteam hat elf Politiker, teils bekannte wie Juncker oder den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff, aber auch Unbekannte, porträtiert. Schüler an Schulen im Saarland und Rheinland-Pfalz haben sich diese Filme angeschaut und im Unterricht darüber diskutiert. Nun ging es darum, die Protagonisten live zu erleben und Vergleiche mit dem Eindruck aus dem Film zu ziehen. Aus den Schulbesuchen der Politiker entsteht eine 90-minütige Film-Dokumentation.Während die meisten Schüler den positiven Eindruck des Films auch in der realen Person Juncker bestätigt sahen, gab es auch kritische Stimmen. Hatte Tobias Link vorher noch seinen Respekt geäußert ("Ich habe eine positive Einstellung zu ihm, der Mann hat was erreicht"), meinte er später: "Er wirkte auf mich arrogant, er kam nicht so rüber wie im Film." Mitschüler Manlio Bhattacharjee findet, dass der luxemburgische Premierminister ehrlich ist: "Er kann nicht auf jeden Rücksicht nehmen." Er bleibe an der Sache dran und sei auch als erfolgreicher Europapolitiker immer noch stolz, Luxemburger zu sein, meint Susann Wockenfuß.In der Diskussion geht es teilweise sehr engagiert und kontrovers zur Sache, beispielsweise bei der Frage, inwieweit es Aufgabe von Politikern und/oder Bürgern ist, sozial schwächere Bevölkerungsschichten dazu zu bringen, sich mehr am politischen Kommunikationsprozess zu beteiligen."Nicht lamentieren, sondern etwas tun"

"Ich weiß nur zu gut um die Ungerechtigkeit der Lebensumstände, aber häufig gibt es Auswege. Ich hatte als Arbeiterkind im Luxemburger Stahlrevier bessere Startbedingungen als die Kinder der Zahnarztfamilie in der Nachbarschaft", erzählt Juncker. Beide, Politiker und Bürger, müssten der Sprachlosigkeit und Gleichgültigkeit entgegenwirken. Die einen könnten Hilfestellung bieten und die anderen mit ihrem sozialen Engagement vor Ort etwas für die Menschen tun. Wichtig sei, nicht zu lamentieren, sondern anzupacken. "Das war ein munteres Gespräch, teilweise kritisch und nicht einfach. Solche Treffen mit Jugendlichen geben mir wichtige Aufschlüsse für meine Arbeit", bewertete der Premierminister das Treffen positiv. Und auch Projektleiterin Barbara Wackernagel-Jacobs war angetan: "Nachdem das Eis gebrochen war, wurde es eine engagierte und interessante Diskussion."

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