Der kürzeste Weg nach Hollywood

Mit der Frage, wie Netzwerke aussehen, welche Möglichkeiten in ihnen stecken und was für Wirkungen sie haben, beschäftigt sich an der Uni Trier der Forschungsverbund "Exzellenzcluster — gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke".

Trier. (red) "Stellen Sie sich vor, Sie kommen auf dem Trierer Altstadtfest bei einem Glas Wein mit einem Tischnachbarn ins Gespräch und stellen verblüfft fest, dass Sie gemeinsame Bekannte haben", erklärt der promovierte Trierer Ethnologe Michael Schönhuth ein Phänomen, das von Laien häufig mit dem Ausruf "Ist die Welt klein!" beschrieben wird. In der Wissenschaft wird diese Erfahrung als "Small-World-Phänomen" bezeichnet. Die Hauptthese: Jeder Mensch auf der Erde ist mit jedem anderen über maximal sechs Bekanntschaften verknüpft. "Nutzt er diese, entstehen daraus Netzwerke", erklärt Martin Stark, der über Exzellenzcluster seine Doktorarbeit schreibt. Die Themen des Forschungsverbunds "Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke" reichen dabei von Senatoren-Netzwerken im antiken Rom bis zu Migranten-Netzwerken im heutigen Trier, von Aktionsnetzwerken in der Region bis zu globalen Verflechtungen in Unternehmen. "In all diesen Bereichen wirken ähnliche Mechanismen von Abhängigkeit, Verbindlichkeit und Vertrauen", erklärt die Historikerin Annett Heinl. Bei Netzwerken, die bei der Vergabe von Geldkrediten und Verschuldungen eine Rolle spielen, hat sich gezeigt, dass zu allen Zeiten in der Regel die Familie den stärksten finanziellen Rückhalt gab und gibt. Genauso wichtig wie diese engen Verbindungen seien losere Kontakte: "Wie zum Beispiel ihr Tischnachbar beim Altstadtfest", erläutert Schönhuth. "Wenn sie gerade auf Arbeitsplatz-Suche sind, kann Ihnen Ihr neuer Bekannter vielleicht mit seinen Kontakten Türen öffnen." Falls man Schauspieler werden wolle und der Tischnachbar Guildo Horn sei, wäre sogar ein Bewerbungs-Gespräch bei Bruce Willis in greifbarer Nähe. Das jedenfalls besagt das von amerikanischen Wissenschaftlern entwickelte "Bacon-Oracle". Mit dessen Hilfe lässt sich nachweisen, dass die meisten Filmschauspieler dieser Welt über maximal drei Kollegen miteinander verbunden sind. Ein Beispiel: Guildo Horn drehte 1997 mit dem Schauspieler Christian Kahrmann, Christian Kahrmann 2002 mit Bruce Willis. Das "Exzellenzcluster" forscht nicht nur, sondern gibt sein Wissen auch an den wissenschaftlichen Nachwuchs aus dem In- und Ausland weiter: Noch bis zum 19. Oktober läuft die erste Trierer "Summerschool", ein einwöchiger, internationaler Workshop, zur sozialen Netzwerkanalyse in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Infos: http://www.netzwerk-exzellenz.uni-trier.de

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