Der letzte Akkord?

TRIER. (chj) Im vergangenen Jahr gab es europaweit noch 13 Termine auf der "Deconstruction"-Tour. In diesem Jahr nur noch einen. Das einzige Konzert der Punkrock-Reihe fand in der Trierer Messehalle statt.

Alles deutet auf ein Ende der "Deconstruction"-Tour hin. Das Punkrock- und Hardcore-Festival, das seit 1999 europaweit ausgetragen wird, stößt auf immer weniger Interesse. Während 2004 drei deutsche Städte auf dem Tourplan standen, waren es im vergangenen Jahr noch zwei und in diesem Jahr nur noch eine. In ganz Europa. Trotzdem wurden nur 2000 Karten verkauft (2005: 3400 Karten). Statt wie zuletzt in der Arena fand das Festival nun in der Messehalle statt. Die Skate-Show wurde abgesagt, das Nahrungsangebot beschränkte sich auf einen Brezel- und einen Veganerstand und auch sonst gab es wenig Abwechslung während der achtstündigen Veranstaltung. Dafür war das Line up besser als im vergangenen Jahr. Fast alle der insgesamt neun Bands sorgten auch in den hinteren Reihen für viel Bewegung in der Halle. Erstes Highlight waren die finnischen Hemdenträger Disco Ensemble, die mit einem Keyboard etwas Pop in schnellen Emo-Rock einfließen ließen. Das genrespezifische Rempeln und Rumgeschubse steigerte sich beim Hardcore-Trio The Lawrence Arms und erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt bei Raised Fist. Kaum eines der rasend schnellen Stücke dauerte länger als zwei Minuten. Wofür die fünf Schweden Sieben-Saiten-Gitarren und Fünf-Saiten-Bässe brauchten, bleibt angesichts des limitierten Akkordspektrums allerdings rätselhaft. Bei Bouncing Souls, die mit abwechslungsreichem, melodischem Punkrock schon zum dritten Mal dabei waren, wurden die Zuschauer textsicherer. Und offenbar wieder etwas ruhiger, denn der Sänger von Comeback Kid erkundigt sich im Anschluss, ob das Publikum noch am Leben sei. Der Funke sprang aber von den flotten Kanadiern schnell über, und die Sicherheitskräfte im Bühnengraben hatten viel zu tun. Die eigentlichen Headliner No Use For A Name nahmen das Tempo wieder raus. Die Pioniere des Melody-Core klangen im Vergleich zum Vorgänger poppig, rissen aber die Zuschauer noch einmal mit. Das gelang Me First and the Gimme Gimmes nicht mehr richtig. Die letzte Gruppe des Abends bestand aus Musikern anderer namhafter Punkbands (unter anderem Nofx und Lagwagon), die Hits aus den 60er- und 70er-Jahren covert. Klang lustig, war es aber nur bedingt, da die Stücke bloß schneller gespielt wurden. Zudem sang Spike Slawson nicht nur schlechter als fast alle seine Vorgänger, sondern auch als die übrigen Bandmitglieder. Angesichts der Entwicklung des Festivals ist zu bezweifeln, dass es 2007 wieder stattfinden wird. Ingo Popp, der einzig verbliebene lokale Veranstalter, wird die Deconstruction-Tour wohl nicht mehr in die Region holen. "Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass ich das nächstes Jahr mache."

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