Der letzte Ausweg?

Die Vorfälle hatten zu Jahresbeginn bundesweit aufgeschreckt: Innerhalb kurzer Zeit zwei tote Säuglinge, die in und vor einer sogenannten Baby-Klappe abgelegt waren. Auch in Trier gibt es eine derartige Einrichtung: das Babyfenster im Ruländer Hof.

Trier. Im Kinderheim Ruländer Hof der Vereinigten Hospitien wurde im Jahr 2000 an einem Nebeneingang das Trierer Babyfenster eingerichtet, berichtet Leiterin Manuela Zupan. Kurze Zeit zuvor war in Hamburg das erste von heute bundesweit schätzungsweise 80 Babyfenstern eröffnet worden. Ein kleines Schild weist den Weg durch ein geöffnetes Tor, ein paar Schritte um die Ecke, bis man vor einer weißen, geschlossenen Fensterfront steht - anonym und unbeobachtet. Ein Knopfdruck auf den Schalter "Öffnen", und nach zehn, zwanzig Sekunden ist per Hydraulik die Klappe geöffnet. Sie gibt den Blick frei in ein nun belichtetes Fach, mit gewärmter Matratze, Zettel und Stift.Zeitlebens traumatisiert

"Dort kann die Mutter oder der Vater eine Nachricht für das Kind hinterlassen, vielleicht einen Namen oder das Geburtsdatum", berichtet Zupan. Eine kleine Hilfe für die Kinder, die auf diese Weise von ihren Eltern getrennt werden und oft zeitlebens traumatisiert und von Schuldgefühlen geplagt würden. Ein Infoblatt über das Babynotruf-Telefon soll den Eltern eine weitere Hilfe des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) aufzeigen. "Das Babyfenster stellt nur die Ultima Ratio dar, es ist das Trapez unter dem Hochseilspringer", stellt Zupan unmissverständlich klar. Schließlich gebe es viele weitere Hilfsangebote für Mütter in extremer Not, die vor dem Babyfenster greifen sollten. In der Tat wurde erst ein einziges Mal ein Baby in das Trierer Babyfenster gelegt. Damals spielte sich der gleiche Ablauf ab, der sich bei weiteren Fällen wiederholen würde: Baby ablegen, Knopfdruck auf "Schließen". Wenn die Klappe geschlossen ist, ist sie von außen nicht mehr zu öffnen. Dann erfolgt nach kurzer Wartezeit ein interner, telefonischer Alarm an drei verschiedenen Stellen. So sei sichergestellt, dass rund um die Uhr das Babyfenster betreut werde. Die nächste Station für das Kind sei das Mutterhaus, es folgen Formalitäten und die möglichst rasche Unterbringung in einer Bereitschafts-Pflegefamilie. Der Aufwand für das Babyfenster ist beachtlich: Täglich ginge einer der Mitarbeiter prophylaktisch nach dem Rechten schauen, einen Technik-Check gebe es wöchentlich. "Die ganze Mühe ist es wert, wenn ein Menschenleben gerettet wird", befindet Zupan. Für die Öffentlichkeitsarbeit sei der SKF verantwortlich. Wobei die Verantwortlichen auf schmalem Grad wandeln: Nicht für das Babyfenster werben wollen, aber Kenntnis über das Vorhandensein dieses Hilfsangebots vermitteln, leicht zugänglich sein, aber Anonymität gewähren. Hintergrund Baby-Klappe: Das Babyfenster ist unter der Trägerschaft der Vereinigten Hospitien. Sie kooperieren mit dem Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) und dem Jugendamt. Während der Ruländer Hof für die "technische" Seite verantwortlich ist und das Babyfenster betreut, sorgen SKF und Jugendamt für die Unterbringung abgegebener Kinder, Bereithaltung von Pflegefamilien und Bestimmung des gesetzlichen Vormunds.

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