Der unauffällige Riese

Auferstanden aus Ruinen: So könnte die Devise der Medard-Schule lauten. Aus den räumlich maroden oder extrem beengten einstigen Sonderschulen Montessori und Deutschherren wurde innerhalb von wenigen Jahren im Gebäude des früheren französischen "Lycée Ausone" die zentrale Förderschule Triers.

 Noch eine Zeit lang Baustelle: Die Medard-Schule mit der prägnanten Turnhallen-Front vis-à-vis St. Matthias. TV-Foto: Dieter Lintz

Noch eine Zeit lang Baustelle: Die Medard-Schule mit der prägnanten Turnhallen-Front vis-à-vis St. Matthias. TV-Foto: Dieter Lintz

Trier. (DiL) Am Haupteingang hängt noch ein einsames Schild in Französisch. Und auch der kleine Concierge-Raum, die großzügigen Treppen und der kühne Rund-Schwung der Turnhallen-Außenwand künden davon, dass hier kein Platz war für die deutsche Quadratisch-praktisch-gut-Schularchitektur.Die neuen Inhaber des alten "Lycée" sind darüber sicher nicht böse. Denn auch ihre Schulform ist nicht nach "Schema F" gestrickt. Was einst "Sonderschule" hieß und einen abwertenden Beigeschmack hatte, heißt inzwischen Förderschule. Und nicht nur der Name hat sich geändert, auch die Konzepte. Der Begriff "fördern und fordern", den Politik später zweckentfremdet hat, beschreibt ziemlich genau die Idee.

Für Trier erfüllt die Medard-Schule gleich drei Aufgaben. Erstens fungiert sie als Förderschule für kleinere Kinder mit Sprach-Problemen. Im Übergang vom Kindergartenalter bis zum 2. Schuljahr macht sie förderungsbedürftige Schüler fit für die weitere Grundschule. Das Gros der 185 Medard-Schüler hat aber generelle Lernschwierigkeiten. Im "Förderschwerpunkt Lernen" werden sie von der ersten bis zur neunten Klasse unterrichtet, mit starken Praxisbezügen und individueller Betreuung - kleine Klassen mit 12 bis 15 Schülern machen's möglich. Die meisten fangen nicht an der Medardschule an, sie kommen, weil sie an Grund- und Hauptschulen nicht zurechtgekommen sind. Bei der "Zuweisung" reden die Fachkräfte der Förderschule ein entscheidendes Wort mit. So kann niemand "abgeschoben" werden, nur weil seine "Normalschule" sich nicht mehr mit ihm herumschlagen will.

Wer kann, geht nach dem 9. Schuljahr ins Berufsvorbereitungsjahr. Und wer besonders gute Noten hat, kann über ein zehntes Schuljahr sogar den Hauptschulabschluss erwerben - "mit guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt", wie Schulleiter Rainer Graß anmerkt. "Jedes Jahr schaffen es 10 bis 12", ergänzt sein Stellvertreter Bernhard Müller nicht ohne Stolz.

Eine der personalstärksten Trierer Schulen

Das dritte Aufgabenfeld ist die Versorgung der Trierer Grund-, Haupt- und Schwerpunktschulen mit Förderlehrern, die sich dort vor Ort um die Schüler kümmern, die besondere Unterstützung brauchen. 160 Schüler werden derzeit auf diese Weise betreut.

Mit 71 Lehrkräften und einer Schulsozialarbeiterin ist Medard eine der personalstärksten Trierer Schulen. Mit dem neuen Domizil vis-à-vis der Matthias-Basilika passen Größe der Schule und räumliche Verhältnisse endlich zusammen.

Um die alternde "Franzosenschule" an den modernen Bedarf anzupassen, muss die Stadt unterm Strich freilich stolze fünf Millionen Euro in die Hand nehmen. Im Gegenzug gibt es aber am Ende eine Schule, die sich sehen lassen kann. Schmucke Fachräume, eine Riesen-Turn- und Veranstaltungshalle, moderne PC-Ausstattung mit aktueller Software, helle Klassenräume, eine großzügige Kantine für das (teils freiwillige, teils verpflichtende) Ganztagsangebot: Davon träumen andere Trierer Schulen nur.

Wer das Glück hat, in den Genuss einer Sanierung zu kommen, kriegt sie dann auch mit allem Drum und Dran. Und damit alles schön bleibt, starten die Schüler bei Bedarf eigene Renovierungsprojekte.

Eine klassische Stadtteilschule ist Medard nicht, die Schüler kommen aus der ganzen Stadt, teilweise sogar aus der Region. Trotzdem arbeitet man im "Runden Tisch Jugendarbeit Trier-Süd" mit und kooperiert auch eng in Sachen "Arbeitsweltprojekte" mit den Mönchen vom Kloster St. Matthias, dem Josefsstift oder der Seniorenresidenz am Zuckerberg.

Noch fehlen Spielgeräte auf dem Schulhof, aber ansonsten ist die Schule mit ihrem Träger sehr zufrieden. Nur eines schmerzt: Weil der Umzug 2005 mit heißer Nadel gestrickt wurde, muss das Gebäude nun mitten im Schulbetrieb weiter saniert werden. Die eine Fensterfront war letztes Schuljahr dran, die andere folgt. Eine Art Operation am offenen Herzen, mit heftigen Belastungen für den Schulbetrieb. Trotzdem sind sich Rainer Graß und Bernhard Müller einig: "Wir sind froh, dass wir hier drin sind".

Morgen in unserer Serie: Das Auguste-Viktoria-Gymnasium.

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