Diagnose: HIV-positiv

Bis zu 21 Tabletten müssen sie jeden Tag einnehmen. Ronja und ihr Sohn sind HIV-positiv. Anlässlich des heutigen Welt-Aids-Tags erzählt die junge Mutter, wie sie mit Krankheit, finanzieller Not und sozialer Ausgrenzung umgehen.

 HIV/Aids ist immer noch ein soziales Stigma. Aus Angst vor Diskriminierung, ziehen Betroffene sich meist in die Anonymität zurück. TV-Foto: Beate Kerpen

HIV/Aids ist immer noch ein soziales Stigma. Aus Angst vor Diskriminierung, ziehen Betroffene sich meist in die Anonymität zurück. TV-Foto: Beate Kerpen

Trier. Als Ronja (Name geändert) vor 15 Jahren schwanger wurde und ihren Sohn zur Welt brachte, ahnte sie nicht, welch schwerer Schicksalsschlag ihr bevorstand. Ihr Säugling erkrankte - die Ärzte waren ratlos. Ein HIV-Test brachte die schreckliche Wahrheit: Das Neugeborene war HIV-positiv. Ebenso waren es Ronja und ihr Mann. Nur 14 Monate später starb Ronjas Mann - an den Folgen der Krankheit.

Seitdem lebt die 34-Jährige allein mit ihrem Sohn. Wie sich die junge Familie infiziert hat, weiß Ronja bis heute nicht. Einschlägige Risikosituationen - wechselnde Partner, intravenösen Drogenkonsum - gab es nicht. Sie vermutet, über ihren Exfreund. Der hatte nach einem Verkehrsunfall Blutkonserven erhalten. "Aber das ändert jetzt sowieso nichts mehr", bricht sie die Überlegung ab.

Ronja ist nicht verbittert oder selbstmitleidig, sondern wirkt gefasst und willensstark. Als alleinerziehende Mutter muss sie ihrem Sohn Halt geben. "Man stößt oft an seine Grenzen", schildert sie. "Es ist schwierig, einem Kind Mut zu machen, wenn man eigentlich selber keinen hat."

Ronjas Gesundheitszustand hat sich in den vergangenen Jahren sehr verschlechtert. Sie ist arbeitsunfähig und muss ihr Leben von staatlichen Hilfen bestreiten. Das Geld reicht kaum, um die teure medizinische Versorgung der beiden abzudecken. Bisher haben Stiftungen, wie die Aids-Hilfe, ihr unter die Arme gegriffen. Doch deren Spendeneinnahmen sind stark gesunken.

Für Ronja und ihren Sohn bedeutet dies, noch weiter in die Armut abzurutschen. Kurz verliert Ronja die Fassung, beginnt zu weinen: "Ohne die Aids-Hilfe sind wir aufgeschmissen. Ich verzichte schon auf alles, aber es bleibt noch nicht einmal Geld übrig, um meinem Sohn an Weihnachten etwas zu schenken."

Nachbarn, Bekannte und Schulfreunde wissen nicht um ihre Situation. "Diskriminierung findet auch heute noch statt", sagt Ronja. "HIV, Aids, ist nach wie vor ein Tabuthema im Schulunterricht und zu Hause. Das zwingt uns dazu, uns zu verstecken. Es wäre viel einfacher, wenn man offen damit umgehen könnte."

Wenn sie unter sich sind, versuchen Mutter und Sohn "ein normales Leben zu führen und möglichst den Humor nicht zu verlieren." Gerade ist ihr Sohn in der Pubertät. Mehr denn je erwacht der Wunsch, ganz normal zu sein, vielleicht eine Freundin zu haben. Ronja weiß, wie schwierig das Thema Partnerschaft mit HIV ist. "Der tägliche Kampf lässt gar keinen Platz für einen Partner." Dann fügt sie hinzu: "Ich habe gar nicht das Recht, das jemandem zuzumuten."

Infostand zum Thema Aids: heute von 9 bis 16 Uhr am Hauptmarkt.

Informationen und Spendenkonto der Aids-Hilfe Trier unter www.trier.aidshilfe.de

Extra 2008 gab es bundesweit über 2800 Neudiagnosen des HI-Virus. Die Tendenz ist steigend, auch in der Region Trier. Dort leben derzeit rund 350 AIDS-Infizierte, der Großteil der Betroffenen ist männlich. Die am meisten betroffene Altersgruppe sind 30- bis 50-jährige, die Zahl der infizierten Kinder ist nach Angaben von Barbara Detering-Hübner vom Gesundheitsamt Trier jedoch gering. Aids ist nicht heilbar; die Behandlung hat starke Nebenwirkungen.

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