Dicke Luft bei Attac

TRIER. (mst) Wegen umstrittener Äußerungen über den Zentralrat der Juden ist der bisherige Sprecher der Trierer Regionalgruppe von Attac, Wolfgang Schmitt, zum Rücktritt gedrängt worden. Ein neu gewähltes Führungstrio bemüht sich um Schadensbegrenzung.

Weltweit sorgt Attac schon seit Jahren für Schlagzeilen, dochlokal gaben sich die Globalisierungskritiker in den vergangenenWochen eher zurückhaltend. Zwar vermeldete die TriererRegionalgruppe auf ihrer Website den Rücktritt ihres SprechersWolfgang Schmitt sowie die Wahl eines neuen Führungstrios, dochüber die Hintergründe erfuhr man wenig; dabei hatte Schmitt sichmit antisemitischen Äußerungen um sein Ehrenamt gebracht und sofür einigen Wirbel in der Regionalgruppe gesorgt. Bei einer öffentlichen Veranstal-tung hatte Schmitt kritisiert, dass die Bundesregierung dem Zentral-rat der Juden drei Millionen Euro für die Förderung des Judentums in Deutschland zur Verfügung stellt. In einer späteren "offenen Stellungnahme" gegenüber Mit-gliedern der Attac-Regionalgruppe, die ihn für diese Aussage kritisiert hatten, nannte Schmitt das Verhalten der Regierung gar einen "Kotau vor dem Zentralrat" und fragte, ob dieser in Anbetracht leerer Kassen hätte sein müssen. "Es drängt sich mir der Verdacht auf, dass die Juden die bessere Lobby haben", schreibt er weiter und fordert, dass die Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit und dem Holocaust ein Ende haben müsse: "Es ist Geschichte. Die Zeit ist aus."

Mitglieder reagieren mit entsetzen

Schmitts Äußerungen lösten bei einigen Mitgliedern der Attac-Regionalgruppe Entsetzen aus. Sie forderten den Rücktritt des Spre-chers und eine klare Distanzierung von jeglichen Formen des Antise-mitismus. Außerdem verlangten sie eine offene Diskussion über das Thema. Doch die Kontroverse spielte sich hinter den Kulissen und in den Mailboxen der Mitglieder ab; in elektronischen Briefen schrieben sich verärgerte Attac-Unterstützer den Unmut von der Seele, derweil der Koordinationskreis um Schadensbegrenzung bemüht war. Schmitt zog schließlich die Konsequenzen und trat zurück. An seine Stelle wurde ein Führungstrio gewählt: Sieglinde Spehl, Julia A. Jäger und Lukas Witkowski. In einer Resolution distanzierte sich die Regionalgruppe zwischenzeitlich von der "antisemitischen Äußerung" Schmitts und stellte klar, dass die "in diesen Aussagen zum Ausdruck gebrachten Vorurteile" nicht die Meinung der Gruppe spiegeln.

Doch damit scheint die Debatte noch nicht ausgestanden. So wer-den nicht nur Schmitt antisemiti-sche Äußerungen vorgeworfen, sondern mindestens einem weite-ren Mitglied der Regionalgruppe. Und es gibt Befürchtungen, dass sich Attac nicht wirklich antise-mitischen Tendenzen verschließt. So wird in einem internen Diskussionspapier vor "moralisierenden Verurteilungen" gewarnt. Es müsse unterschieden werden "zwischen Figuren wie Möllemann und Karsli, die das Wechselverhältnis zwischen Klischees und manifestem Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus zielgerichtet ausnutzen und Personen, deren politische Positionen den manifesten Formen dieser Ideologien fern stehen". Zu letzterem Personenkreis rechnet Lukas Witkowski auch seinen Vorgänger Wolfgang Schmitt. Mit ihm müsse deshalb fair umgegangen werden.

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