Die Ästhetisierung des Leids

Die Ausstellung "Opfer" wurde gemeinsam vom Opferschutzverband "Weißer Ring" und Studenten der Weimarer Bauhaus-Universität konzipiert und ist im kurfürstlichen Palais bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zu sehen.

 Provokant und bewegend – so beschreiben Besucher die Ausstellung „Opfer“, die der Weiße Ring in Zusammenarbeit mit Studenten der Weimarer Bauhaus-Universität erstellte. Die Fotografien sind ab sofort im kurfürstlichen Palais zu sehen. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Provokant und bewegend – so beschreiben Besucher die Ausstellung „Opfer“, die der Weiße Ring in Zusammenarbeit mit Studenten der Weimarer Bauhaus-Universität erstellte. Die Fotografien sind ab sofort im kurfürstlichen Palais zu sehen. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. Mit großen Augen und leicht verschüchtert blickt das vierjährige Mädchen in die Kamera. "Diese Hure hat ihren Onkel verführt", steht darunter. Das Werk des Weimarer Kunststudenten Björn Kernspeckt provoziert - zeigt, exemplarisch, die abstruse Rechtfertigung eines Sexualstraftäters, der sich selbst zum Opfer erklärt. Auch wenn in der Ausstellung keine wirklichen Opfer gezeigt werden, die Bilder inszeniert und ästhetisiert sind, so entfalten sie doch eine bleibende Wirkung. "Gewalt jeder Art ist eine Provokation gegenüber der Menschlichkeit, und so ist die Provokation der Ausstellung die entsprechende und angemessene Antwort", sagte Oberbürgermeister Klaus Jensen, Schirmherr der Ausstellung, anlässlich ihrer Eröffnung.Da ist auch diese Fotoserie von Fabian Braun mit drei Frauen und ihren Verletzungen im Gesicht. "Ich hab mich bloß an der Türklinke gestoßen", sagt die eine, "Ich bin bloß die Treppe hinuntergefallen", erklärt die andere. "Ich bin nur in der Badewanne ausgerutscht", sagt die Dritte. Den Opfern von Gewalt Hilfe zu bieten, ist Zielsetzung des bundesweit agierenden Weißen Rings, der in Rheinland-Pfalz mit rund 200 Mitarbeitern und 25 Außenstellen vertreten ist. "In der gesellschaftlichen Wahrnehmung werden die Täter sehr intensiv wahrgenommen, die Opfer ungleich weniger", sagte Karl-Heinz Weber, Mainzer Polizeipräsident und Landesbeauftragter des Weißen Rings. "Die Ausstellung soll betroffen machen und auf dieses Missverhältnis hinweisen." 15 Studenten der Bauhaus-Universität Weimar haben die Ausstellung unter Anleitung ihrer Dozenten für den Weißen Ring entwickelt, seit 2004 ist sie im Bundesgebiet unterwegs. In Zusammenarbeit mit der Weimar-Gesellschaft Trier wurde die Fotoausstellung nach Trier geholt. Besonders in Erinnerung bleibt eine Schwarzweiß-Fotografie des Studenten Philipp von Werther. Darauf ist ein Fahrrad mit aufgestecktem Kindersitz zu sehen. An dem Sitz heftet ein Pappschild, Aufschrift: "Hier saß meine Tochter Lisa. Sie verschwand am 3.5.2003, wurde vergewaltigt und erwürgt. Sie fehlt uns." Heute, 17 Uhr, Podiumsdiskusion zum Thema der Ausstellung im Rokoko-Saal.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort