"Die Augen weit offen"

TRIER. (red) Das Musical "Hair" feiert am Max-Planck-Gymnasium einen grandiosen Erfolg: 1500 Besucher waren bislang von den jugendlichen Darstellern begeistert. Der Trierische Volksfreund veröffentlicht als Teil der Aktion KLASSE! eine Kritik, die von Schülern verfasst wurde.

Man traut seinen Augen und Ohren nicht: Mitten in der Schulaula werden Joints gereicht und das Publikum wird zum Gruppensex aufgefordert! Witzig und temporeich, am Ende auch ergreifend, lassen 40 Schüler der Musical-AG des Max-Planck-Gymnasiums (MPG) die Welt der Hippies wieder aufleben.In dichtem Nebel und in von blau bis violett wechselnden Farben eingetaucht ist die ehrwürdige neugotische Aula des Max-Planck-Gymnasiums. Eingehüllt in zwei überdimensionalen Luftblasenfolien erleben die Mitglieder des Hippie-Stamms ihre Reise in höhere Bewusstseinsdimensionen: "Schwebend im Raum erkennen wir schon den Frieden, die Augen sind weit offen..." Satte, langgezogene Bläserakkorde ziehen sich über den Rockballadenrhythmus der Band, bevor George Berger, der Oberhippie die Luftblasen zerplatzen lässt und versucht, den von einem Leben als Superstar träumenden, vom Trip sichtlich mitgenommen Neu-Hippie Claude aufzurichten.Gefühle und Widersprüche

Schwerer Stoff für eine Schüleraufführung jenseits des Klischeebildes einer singend-tanzenden, romantisch verklärten Flower-Power-Jugend. In der mittlerweile mehr als 20-jährigen Tradition von Aufführungen beliebter Musicals am MPG versuchten Silke Kurzbach (Tanz), Bernd Klöckner (Musik) und Jens Kornmüller (Regie) als betreuende Lehrer in diesem Jahr ohne die Mitwirkung ehemaliger Schüler auszukommen, mit durchaus beeindruckenden Ergebnissen.Gefühle, Widersprüche und Lebenseinstellungen der Hippies Ende der 60er Jahre, dargestellt von 15- bis 18-jährigen Jugendlichen, ein schwieriges Unterfangen, dem sich die temporeiche MPG-Inszenierung annahm. Sie griff die handlungsstiftenden Elemente der populären Verfilmung des Musicals durch Milos Forman auf. Das Ganze ist durchdrungen vom werkstattartigen Bühnenbild (der Werkraumtisch als variabler "roter Faden") und von einer das Stück umspannenden, dessen Spielcharakter betonenden Szenerie. So karikierte der Schülerprolog (Charlotte Fournier) und die das Spiel unterbrechenden Polizei (Helen Spieles), die Haltung mancher Hippie-Eltern.Die Brüchigkeit und Orientierungslosigkeit der Hippie-Jugend verkörpert der am Schluss in den Vietnamkrieg ziehende Claude (Stefan Eberhard) mit dem musikalisch packenden, sich zur Anklage steigernden Lied "Wo geh' ich hin? Folg' ich den (Blumen-) Kindern?" Als er die Protestschilder der anderen Hippies umdreht, werden drastische Fotos des Vietnamkrieges sichtbar.Neben den beiden bühnensicher agierenden männlichen Hauptdarstellern - Georg Milde als Berger und Stephan Eberhard als Claude - beeindruckte die gesanglich überragende Christina Achterberg als "Hippie-Queen" Sheila.Darstellerisch überzeugte auch Erik Schneider als ständig berauschter Hanfgärtner Woof.Das breite Spektrum des in vielen Szenen im Ensemble tänzerisch auftretenden Stammes verdeutlichten Hanna Linn als romantisches Flower-Power-Girl Crissy und Elena Roth als zynische Umweltaktivistin. Matthias Gasber ironisierte als Hud die Rolle des schwarzen Buhmannes, während Helena Norta als Blumen-Königin der Nacht im Zeichen des Wassermanns über dem Hippiestamm schwebte.Sinnliches Altsaxophonsolo

Hervorragend das den Haschischrausch musikalisch verkörpernde sinnliche Altsaxophonsolo von Michael Michels.Den unterhaltenden Höhepunkt setzte Gerit Ulmen als strippender Rekrut vor der in Lack und Leder gekleideten Musterungskommission, bevor Kriegslärm das Bühnengeschehen durchbricht, und der Hippiestamm das hymnische "Let the sunshine" ansingt.Weitere Aufführungen am 28. Mai und 6. Juni (möglicherweise auf dem Schulhof).

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