Die Chinesen kommen

Knowhow aus Trier für den inneren Aufbau der Volksrepublik China: Das ist die Grund-Idee für ein Pilotprojekt, das die Stadt initiiert hat. Man hofft auf millionenschwere EU-Förderung. 15 Multiplikatoren aus dem Reich der Mitte schließen ihre Schulungsreise durch Europa heute da ab, wo sie begonnen hat: In der Europäischen Rechtsakademie Trier.

 Lernen in Trier, wie man Infrastruktur für ein Riesenreich schafft: Jungwissenschaftler, Führungskräfte aus China. TV-Foto: Klaus Kimmling

Lernen in Trier, wie man Infrastruktur für ein Riesenreich schafft: Jungwissenschaftler, Führungskräfte aus China. TV-Foto: Klaus Kimmling

Trier. China ist groß, und seine Wirtschaftskraft wächst ständig. Aber im Land selbst gibt es horrende Entwicklungsunterschiede. Zwischen verschiedenen Regionen, zwischen Stadt und Land. "Das Wachstum zerreißt die Nation", sagt der Trie rer Stadtplaner Johannes Wei nand. Deshalb suchen die Chinesen derzeit händeringend Knowhow in Sachen Raumentwicklung. Und warum nicht in der Karl-Marx-Stadt Trier? So entstand die Idee, ein "europäisch-chinesisches Zentrum für Bildung und Forschung zur Raum- und Entwicklungsplanung" einzurichten, dessen Fäden auf Weinands Schreibtisch in der Trierer Stadtverwaltung zusammenlaufen.

Alle Fäden laufen in Trier zusammen



Aus bescheidenen Anfängen scheint sich nun ein bundesweites Muster-Projekt mit Ausstrahlung in ganz Mitteleuropa zu entwickeln. Träger sind das Trierer Stadtentwicklungsamt und die Universität Peking, als Kooperationspartner sind die Europäische Rechtsakademie mit ihrem reichen Erfahrungsschatz in Sachen Schulung, die Uni Trier und die Uni Stuttgart zugestiegen. In Stuttgart wird sogar ein englischsprachiger Master-Studienplan zur Infrastrukturplanung für besonders qualifizierte chinesische Studenten angeboten.

Das Prinzip besteht darin, Spitzen- Jungwissenschaftler und Führungskräfte auf speziellen Lehrgängen in Peking zu schulen, sie dann zur Fortbildung nach Europa zu holen und ihnen schließlich einen Abschluss anzubieten. So will man Multiplikatoren schaffen, die dann in China wiederum ihre Erkenntnisse weitergeben.

Für die Projektfindungsphase ist es Weinand gelungen, bei den Chinesen und dem deutschen Bildungsministerium eine Finanzierung von einer Million Euro loszueisen. Bei der Stadtverwaltung und der ERA konnten, zeitlich befristet, je zwei Mitarbeiter angestellt werden. Für den weiteren Ausbau hofft man auf die EU: Projektmittel in Höhe von 3,5 Millionen Euro sind beantragt. Auf Dauer soll sich das Zentrum aber wirtschaftlich tragen - die Erstellung eines Business-Plans ist in Arbeit.

Die weiteren Vorhaben sind ambitioniert: Entstehen soll eine deutsch-chinesische akademische Ausbildung, Weiterbildungs-Angebote für Experten und eine eigene Forschungs-Abteilung - alles gelenkt aus Trier. Auf Dauer soll ein eigens zu gründender Verein die Trägerschaft übernehmen.

Wenn alles läuft, wie Weinand es sich vorstellt, wird ein europäisches Netzwerk mit Hochschulen von Amsterdam bis Venedig, von Basel bis Wien entstehen. Ein erster wichtiger Schritt ist dieser Tage gelungen: Die Akademie für Raumforschung und Landesplanung in Hannover hat ihr Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet. "Da sitzen die deutschen Spitzen-Forscher", freut sich Weinand. Gedacht ist auch an einen "Think Tank" mit je sechs europäischen und chinesischen Wissenschaftlern. Der Erfolg wird auch davon abhängen, welche Erkenntnisse und Eindrücke die chinesischen Nachwuchswissenschaftler von ihrem "Fortgeschrittenen-Seminar" über das höfliche allgemeine Lob hinaus mit nach Hause nehmen. Sie waren in den letzten zwei Wochen neben dem Zentrum Trier auch in Brüssel, Paris und Stuttgart unterwegs - Schwerpunkt Verkehrs- und Transport-Planung. Morgen geht es zurück in die ferne Volksrepublik.

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