Die Chinesen kommen

TRIER. 4,44 Euro oder 44,44 Euro sind ganz schlechte Preise für Souveniers. Zumindest, wenn man als Trierer Einzelhändler die Chinesen als Zielgruppe im Blick hat. Und das empfiehlt sich. Denn immer mehr Chinesen besuchen Trier. Die Gäste aus dem Land der Mitte sind zudem eine der finanzstärksten Touristengruppen in der Moselhauptstadt.

"Die Zahl 4 hat für die Chinesen eine äußerst negative Bedeutung", erklärt Christian Schneider, Inhaber der Trierer Firma "Chinaberatung", warum Andenken möglichst nicht mit 4,44 Euro oder 44,44 Euro ausgezeichnet sein sollen. "Die Chinesen werden in Zukunft zu Millionen nach Europa reisen. Wenn Trier in großem Umfang partizipieren will, reicht es nicht, sich auf das Karl-Marx-Haus alleine zu verlassen und hier und da zwar lobenswerte, aber nicht umfassende Maßnahmen zu ergreifen", sagt der China-Experte, der einen dringenden Handlungsbedarf in Sachen chinesischer Tourismus sieht. "Die Stadt bietet den chinesischen Touristen zu wenig von dem, was die Chinesen und die Veranstalter wirklich wollen", sagt Schneider, der mehrere Jahre in China gelebt hat, fließend chinesisch spricht und mit einer Chinesin verheiratet ist. Tatsächlich birgt der touristische Zustrom aus dem Land der Lotusblüte großes Potenzial für die Trierer Wirtschaft: Die Global-Refund-Gesellschaft, die anhand der Mehrwertsteuer-Rückzahlungen an Nicht-EU-Touristen ermittelt, wie viel Umsatz die Chinesen bringen, hat herausgefunden, dass die Chinesen von allen Nicht-EU-Touristen am meisten Geld ausgeben. "Von Januar bis Mai wurde ein Viertel der in Trier getätigten Umsätze von Nicht-EU-Kunden von Chinesen getätigt", sagt Alfred Thielen, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Region Trier e.V. "Damit sind die Chinesen die einkaufstärkste Gruppe der Nicht-EU-Kunden."Zweistellige Steigerungsraten

20 459 Übernachtungen chinesischer Gäste in Trier zählte die Tourist-Information Trier (TiT) im Jahr 2003. Wegen der im vorigen Jahr in Asien grassierenden Lungenseuche Sars waren das zwar 3,1 Prozent weniger als 2002 - aber insgesamt sind die Übernachtungen von chinesischen Touristen in den vergangenen drei Jahren im zweistelligen Bereich gestiegen. Auch für dieses Jahr erwartet die TiT einen Anstieg. Die 18 664 Chinesen, die im vorigen Jahr die Karl-Marx-Stadt besuchten, machen zehn Prozent aller ausländischen Trier-Touristen aus und knapp 7,5 Prozent aller 250 000 Chinesen, die in 2003 Deutschland besuchten. Die Welttourismusorganisation geht von einer weiteren Steigerung des chinesischen Tourismus um 12,5 Prozent bis zum Jahr 2020 aus. Das hängt zum einen mit dem wirtschaftlichen Höhenflug Chinas seit den frühen 90ern zusammen, mit politischen Reformen im Land der Mitte und mit einem Abkommen der EU mit der staatlichen Tourismusverwaltung der Volksrepublik von Februar 2003. Dieses Abkommen vereinfacht für chinesische Pauschaltouristen die Beantragung eines Touristenvisums für 22 europäische Staaten. "Triers Tourismus-Branche reagiert bereits auf den wachsenden Zustrom der Chinesen", sagte Triers Wirtschaftsdezernentin und Tit-Vorsitzende Christiane Horsch bei der Präsentation der Bilanz 2003. Bis Oktober soll die Homepage der Stadt Trier ins Chinesische übersetzt und freigeschaltet sein. Zwei Chinesen hat die TiT bereits zu Stadtführern ausgebildet, diese bieten unter anderem die bei ihren Landsmännern beliebte Themenführung "Auf den Spuren von Karl Marx" auf chinesisch an. Auch ein kostenloses Faltblatt in chinesischen Schriftzeichen ist in Vorbereitung, einen kleinen Farbbildführer in der asiatischen Sprache gibt es bereits. In Zusammenarbeit mit anderen Städten stellt sich Trier auf Tourismusmessen in China vor. Auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit von China und Trier wächst zusammen: Das China-Kooperationsforum Trier besucht Anfang September mit einer Wirtschaftsdelegation mehrere Provinzen der Volksrepublik.Weihnachtsschmuck und Hummel-Figuren

Christian Schneider von der Trierer Firma "Chinaberatung" will mit einem detaillierten Konzept die Trierer Einzelhändler davon überzeugen, sich stärker um die finanzstarke Gruppe aus dem fernen Osten zu kümmern. Besonders Markenkleidung, Pelze und Trachten seien gefragt sowie hochwertige Messer und Stahlwerkzeuge. Außerdem Spirituosen und Wein, Weihnachts- und Osterschmuck, Uhren, Miniaturautos deutscher Marken und Musikinstrumente. Und natürlich romantische Porzellan-Figürchen á la Hummel. "Die Sprachbarrieren sind für Händler und Hoteliers zwar unüberwindbar, aber es zahlt sich aus, sich mit der chinesischen Mentalität auseinander zu setzen. Und das ist nötig, will man die interkulturellen Unterschiede im Kundengespräch mit Chinesen beachten", sagt Christian Schneider. Infos: Chinaberatung Trier, Telefon 0651/9129685, E-Mail: chinaberatung@yahoo.de

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